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"Der Doc und die Hexe": Skalpell gegen Nadel

Das ZDF setzt „Der Doc und die Hexe“ fort, die Rezeptur ist unverändert: Ost gegen West, Arzt gegen Akupunkteurin, Mann gegen Frau. Dabei hätte über die Risiken Traditionellen Chinesischen Medizin aufgeklärt werden können.

Dass man Ärzte mitunter kaum versteht, wenn sie Krankheitsbilder erläutern, ist bekannt. Ein medizinisches Kauderwelsch der besonderen Art bekommt der Zuschauer am Montagabend im ZDF zu hören. Da ist von einem aufsteigenden Yang, einer schwachen Mitte oder dem Fluss des Qi die Rede. All das wird rasant vorgetragen von Sophie Schöner (Christiane Paul) und ratlos aufgenommen von Hans Wunderlich (Dominic Raacke), zusammen sind sie das Hauptdarsteller-Duo vom ZDF-Film „Der Doc und die Hexe“ (Regie: Vivian Naefe).

Schon 2010 hat der Sender einen Zweiteiler mit diesem Titel ausgestrahlt. Er war so erfolgreich, dass man im darauffolgenden Jahr eine Fortsetzung drehte, die heute und am 20. September in zwei Folgen gezeigt wird. Die Rezeptur ist unverändert: Wieder treten Ost gegen West, Skalpell gegen Akupunkturnadel, Frau gegen Mann an. Sophie Schöner, konsequent grell in Regenbogenfarben gekleidet, ist Anhängerin der Traditionellen Chinesischen Medizin, kurz TCM, Hans Wunderlich dagegen schätzt ein gediegenes Anzug-Ensemble und die Schulmedizin. Und ausgerechnet diese zwei Menschen arbeiten zusammen an einer Berliner Klinik. Sie möchte dort eine eigene TCM-Abteilung aufmachen, er will sie schleunigst loswerden, den einzigen Wunsch, den sie teilen, ist der nach körperlicher Vereinigung. Und schon ist Sophie Schöner schwanger, obwohl sie und der Kindsvater sich immer noch siezen.

Als hätten sie nicht genug mit sich selbst zu tun, lässt auch das Leben sie nicht in Ruhe. In der heutigen Folge wird der Klinikchef von einer rätselhaften Erkrankung befallen und all seine Untergebenen vom Ehrgeiz, ihn zu beerben. In der nächsten Folge gibt es im Krankenhaus dann nicht nur einen, so scheint es, multiresistenten Keim, sondern unter den Patienten auch noch eine Journalistin, die dafür sorgen will, dass sich der schlechte Ruf der Klinik ebenso schnell verbreitet wie der Keim. Und zwischendurch zicken sich Ärzte im Operationssaal über geöffnete Bauchwände hinweg an.

Genau das ist das Besondere an dem ZDF-Zweiteiler. Mediziner sind nicht Halbgötter in Weiß, sondern Menschen, die ihre Unvollkommenheiten nur mühsam unter ihrem Kittel verbergen und manchmal sogar große Fehler machen. So werden zum Beispiel Blutproben vertauscht, der Grund ist banal, der Arzt war übermüdet, die Folge allerdings fast fatal: erst im letzten Moment wird verhindert, dass eine Patientin eine Überdosis Insulin bekommt. Auch sonst werden heikle Themen des Gesundheitssystems berührt, zum Beispiel wie man ein Krankenhaus als profitables Unternehmen führt.

Dass Sophie Schöners Mutter ausgerechnet von Gaby Dohm, bekannt als Schwester Christa aus der „Schwarzwaldklinik“, gespielt wird, wirkt dabei fast wie eine ironische Verneigung vor einer längst vergangenen Ära des Krankenhaus-Genres. Neue Maßstäbe kann „Der Doc und die Hexe“ trotzdem nicht setzen. Zum einen sind die Gags, die das Drehbuch von Gerlinde Wolf und Harry Göckeritz vorsieht, oft zu bemüht, zum anderen sind die Macher der derzeitigen TCM-Euphorie selbst erlegen und lassen die fernöstlichen Rezepturen mitunter wie Wundermittel wirken.

Falls weitere Fortsetzungen geplant sind, böte sich jedoch gerade der Boom der chinesischen Medizin für eine kritische Bestandsaufnahme an. Wie Wissenschaftler herausfanden, haben TCM-Präparate in der Vergangenheit Aristolochiasäure enthalten. die als nephrotoxisch und karzinogen gilt. Aus der Medizinersprache ins Deutsche übersetzt heißt das: nierenschädigend und potenziell krebserregend. Verena Friederike Hasel

„Der Doc und die Hexe – Nebenwirkungen“, 20 Uhr 15, „Der Doc und die Hexe – Katastrophenalarm“, Donnerstag, 20 Uhr 15, jeweils ZDF

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