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Markus Schächter

© ddp

Drei-Stufen-Test: Die Online-Frage

Was darf das ZDF im Internet? Der Sender lädt Experten nach Berlin zur Konsultation - und Intendant Markus Schächter regt sich auf.

Markus Schächter ist ein wohlsortierter, besonnener Fernsehmanager. Aber auch dem Intendanten des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) geht zuweilen der Draht aus der Mütze. Am Montag also echauffierte sich Schächter. „Ein Text-Verbot wäre eine Bilderstürmerei aus vergangenen Zeiten“, sagte er bei der Experten-Konsultation des ZDF-Fernsehrates im Rahmen des Drei-Stufen-Testes. Der Test ist ein vom Rundfunkstaatsvertrag dekretiertes Verfahren (manche nennen es „bürokratisches Monster“), durch das die bestehenden Online-Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio geprüft und bei Akzeptanz in den genehmigten Bestand überführt werden sollen.

Das Verfahren ist intensiv in seinen Stufen und extensiv, weil es Befürworter und Kritiker in den Entscheidungsprozess miteinbindet. Die „natürlichen Feinde“ des öffentlich-rechtlichen Online-Schaffens sind die kommerziellen Fernsehveranstalter, organisiert im Verband Privater Rundfunk- und Telemedien (VPRT). Die Zeitungsverleger (BDZV) und die Zeitschriftenverleger (VDZ) sind gleichermaßen angefragt und alarmiert, weil das Internet die Grenzen zwischen Text und Bild, Print und Fernsehen aufgehoben hat. Die Überschneidungen sind da, die gegenläufigen Interessen auch. Die Grundsatzfrage lautet: Wer bringt wen in Bedrängnis? Schärfer: Wer bringt wen ums Leben?

Der Drei-Stufen-Test ist, so gesehen, der Versuch, den elektronischen Medien eine Zukunft in der Online-Welt zu sichern, zugleich die ökonomische wie publizistische Vielfalt der Medien in der Republik nicht zu gefährden – Planwirtschaft in der Marktwirtschaft. Die in die Pflicht genommenen Sender haben für etliche Gebührenmillionen Gutachter und Mitarbeiter angeheuert, damit die Fernseh- und Rundfunkräte die allfälligen Entscheidungen kundig und gewissenhaft treffen. Denn das ist neu am neuen Drei-Stufen-Test: Die Geschäftsleitungen können nur Bedürfnisse und Erwartungen formulieren, was die Anstalt dann online darf, das entscheiden die Gremien. Der ZDF-Fernsehrat muss am 25. Juni über Struktur und Gehalt der Angebote wie ZDF.de, heute.de oder kika.de befinden.

Die Experten-Konsultation am Montag im ZDF-Hauptstadtstudio spricht in seiner presseöffentlichen Transparenz für das Selbstbewusstsein dieses Gremiums. Wer die Debatte um den Test schon länger verfolgt, der musste bei der Tagung Unter den Linden zunächst feststellen, dass die Argumente beider Seiten nicht unbedingt mehr geworden sind. VDZ-Vertreter Christoph Fiedler erneuerte die Position, dass alle ZDF-Onlineauftritte trennungsscharf die Eigenheiten des Lesemediums Zeitschrift und des Bildmediums Fernsehen beachten. „Es darf keine gebührenfinanzierten Artikel geben.“ Natürlich brauche beispielsweise ein zdf.de Textbeiträge, jedoch dürften sie nur sendungsbezogen sein und niemals den Charakter einer elektronischen Zeitung imitieren.

Helmut Verdenhalven vom BDZV monierte deswegen die ungenaue Aufgabenbeschreibung im Telemedien-Konzept des ZDF, etwas, was auch VPRT-Justiziar Claus Grewenig umtreibt. Seiner Erwartung nach wird es beim aktuellen Status der ZDF-Angebote, wie ihn der Drei-Stufen-Test feststellen soll, längst nicht bleiben. In seinen Augen ist das Telemedienkonzept viel zu grobmaschig verfasst, würden Subdomains und Themenportale gar nicht erfasst. Der VPRT-Mann befürchtet, was auch die Verleger befürchten: Eine Art Blankoscheck für das ZDF, der spätestens bei mobilem Internet mit seinen Apps und iPads eingelöst würde.

Das waren die Momente, in denen sich ZDF-Chef Markus Schächter zu Wort meldete. Die Fixierung auf den Textgehalt erinnere ihn an den Aufstand der Verleger vor 25 Jahren, als der Videotext in die Austastlücke des Fernsehsignals kam. Im Übrigen werde er nicht müde zu beteuern, dass der Akzent des ZDF auf dem Video läge. Kein zweiter Sender in Europa ist laut Schächter derart aufs Bild fixiert wie das ZDF: 62 Prozent des Online-Materials seien Bewegtbilder. Das war nun jener Augenblick, als der Vertreter des Privatfernsehens den Alarmknopf drückte und das ZDF in Privatgewässern fischen sah.

Die Experten und Räte sind zurückhaltend bei der Prognose, ob der mühselige und teure Drei-Stufen-Test eine einmalige Veranstaltung ist oder zur ständigen Einrichtung mutieren soll. Keine der Variablen – Internet, Markt, Anbieter, Nutzer – bleibt stehen. So sehr es um die Zukunft der Medien geht, so wenig ist sie ein Zustand.

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