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Quasselnde Technik: Handy aus an Weihnachten!

Auch Weihnachten klingelt und quasselt es überall. Dabei soll es doch eine Zeit der Besinnung sein. In ihrer Kolumne macht Mercedes Bunz Vorschläge für ein ruhiges Fest.

Endlich ist Weihnachten da und man kann sich vor der Hektik der Welt im Geschenkpapierberg verstecken. Hier kommt man zum Nachdenken. Für die Netzwelt ist das notwendig. Dort steht seit einiger Zeit folgende Frage unruhig wartend im Raum herum: „Was ist das nächste große Ding?“

Es ist ja so, im Internet lebt man in Phasen. Dass eine neue Phase begonnen hat, merkt man daran, dass Erwachsene anfangen, sich wie Teenager zu verhalten. Zuletzt war das so mit dem Web 2.0, als alle ihre Vorgesetzten zu „Freunden“ machten. Zaghaft zeichnet sich nun am Horizont ab, was als Nächstes kommt: Das Internet der Dinge, genauer: der sprechenden Dinge.

In Autos quatschen vernetzte Navigationsgeräte, Supermarktregale bitten Einkäufer um Nachschub an Nutellagläsern, Konferenzräume teilen mit, dass sie ausgebucht sind, und in Großbritannien gucken sich schon jetzt die Barrieren an den Grenzübergängen den Reisepass an und entscheiden, ob man einen realen Grenzer sehen muss. Mit Pässen und Kreditkarten sind in den letzten Jahren Millionen billiger RFID-Chips ausgeliefert worden. Sie reichern Dinge mit Informationen an. Computer werden kleiner. Immer mehr von uns surfen mit dem Mobiltelefon. Bald können sich alle Geräte und Dinge mit dem Netz verbinden. Dann verlassen wir das Internet der Computer.

Gesteuert wird das neue Web der Dinge per Sprachbefehl. Mit dem neuen iPhone hat Apple bereits eine alberne Funktion namens „Siri“ geliefert, die zeigt, wie das aussehen könnte. Macht man den Telefonbedienungsassistenten an, muss man zwar alle Bedenken über den Verlust der Privatsphäre zusammen mit seinem Dialekt ablegen, wird aber damit belohnt, auf alle Funktionen per Sprachbefehl zugreifen zu können.

So kann man Siri bitten, dem Ehemann die Nachricht „Freue mich auf deine Plätzchen“ zu schicken. Oder sich dabei helfen lassen, eine Leiche loszuwerden. Siri überlegt nicht lange, sondern guckt nach, ob es in der Nähe „Metallgießerei, Müllhalde, Stausee, Mine oder Moor“ gibt. Noch ist das ganze eine technische Spielerei, mit der Erwachsene dieses Jahr am Weihnachtsabend den Rest der Familie beeindrucken können, doch weil Google schon aufgeregt an einem Rivalen namens Majel bastelt, weiß man, hier tut sich was.

In den vergangenen Jahren hat Weihnachten neben der heidnischen und der christlichen eine elektrische Bedeutung bekommen. Die Wachskerzen am Baum erinnern uns an die Möglichkeit, den Strom und damit all die quasselnden Assistenten auch mal abzuschalten und in den „geruhsamen Tagen“ die Dinge gut Ding sein zu lassen. Sie erinnern sich? Das Blackberry hat einen Ausschaltknopf. Fabelhaft. Frohe Weihnachten!

Die Autorin war Online-Chefin des Tagesspiegels. Sie lebt in London, schreibt ein Buch über Digitalisierung und bloggt unter www.mercedes-bunz.de.

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