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Sucht die Rehabilitation. Carsten Maschmeyer zu Gast bei „Günther Jauch“.Foto: dpa

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Medien: Dirndl-Rhetorik

Jauch stellt klar: Ich bin nicht Maschmeyers Kumpel.

Deutschland, eine Fernsehdemokratie? Bei Günther Jauch schon. Zum Finale seiner Talkshow wird das Studiopublikum vor die Frage gestellt: Darf ein Firmenchef nur 20-mal so viel verdienen wie sein Facharbeiter? 58 Prozent der rund 250 Zuschauer sagen Ja, 42 Prozent sagen Nein. Jauch sagt, das Ergebnis sei nicht repräsentativ. Es sagt im Endeffekt auch nichts aus, aber es macht Eindruck.

Genau so will die Talkshow sein. Das Thema „Den Managern ans Gehalt! Brauchen wir ein Gesetz gegen die Gier?“ ist aktuell, es taugt zum Aufreger. Günther Jauch stolpert sich vor 5,70 Millionen Zuschauern rein. Mit einem VW-Mitarbeiter spricht er über das Jahresgehalt von VW-Chef Martin Winterkorn. Der verdient 300-mal mehr als der Mitarbeiter. Das findet der zu hoch. Nichts dagegen, trotzdem wird das Thema viel zu wenig befördert, was „einer aus dem Volk“ dazu meint. Aber Stimmung ist gemacht.

Entsprechend hat sich Günther Jauch seine Runde zusammengesetzt. Ein Teilnehmer soll den anderen „fressen“. Also reagiert FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle immer wieder auf Sahra Wagenknecht. Die Links-Politikerin postuliert die Forderung, die in nur leicht abgewandelter Form zur Zuschauerfrage mutieren wird. Brüderle will die Eigentümer/Aktionäre befinden lassen, wie Manager bezahlt werden sollen. Wagenknecht bezeichnet er wahlweise als Propagandistin der „kommunistischen Plattform“ oder als Vertreterin der „Politkommissare“.

Bei Carsten Maschmeyer verhält sich Jauch wiederum absurd. Jauchs Talkshow wird vom NDR verantwortet. Für den NDR arbeitet der schärfste MaschmeyerKritiker ever: Christoph Lütgert. Der stänkerte bei Spiegel online über Maschmeyers Einladung: „Natürlich ärgert mich das, denn gerade wir im NDR hatten Maschmeyer entlarvt – als großen Abzocker.“

Tatsächlich meint Jauch, er müsse die Leistung des AWD-Gründers kritisch aufarbeiten, tatsächlich glaubt Maschmeyer, er könnte sein öffentliches Bild retuschieren. Was er zur Anstachelung der Leistungsbereitschaft zu sagen hat, das klingt nicht nach dem Wörterbuch des Unmenschen. Es wird ihm wenig bis nichts nutzen. Jauch dagegen hat sein Ziel erreicht: Er hat nachgewiesen, dass er kein Kumpel vom Drückerkönig ist. Ja und?

Die Manie, Themen in eine Stimmungslage zu überführen, hat die Jauch-Truppe mittlerweile perfektioniert. Hier ein Zweiergespräch, da ein Einspielfilm, „Günther Jauch“ ist eine Misstrauenserklärung an das zugrunde liegende Format: eine Diskussion, ein Streit der Meinenden und der Meinungen. Hier zerfließt ein Thema in Emotion, ins Katz-und-Maus-Schema. Und dass Jauch Brüderle fragt, ob der sich für seinen Griff ins Dirndl nicht entschuldigen möchte (will er nicht), stellt klar, was die Show beabsichtigt: den Mächtigen zur Gaudi des Volkes in den Ausschnitt zu gucken. Joachim Huber

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