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Die Vergangenheit zu lange verdrängt: Tina (Gesine Cukrowski, links) und Jenny (Katharina Wackernagel). Foto: ZDF

© Stephan Persch

Krimi: Ein dunkles Geheimnis aus Kindertagen

So schön kann Krimi sein: Gesine Cukrowski und Katharina Wackernagel als ungleiche Schwestern in dem ZDF-Thriller „Racheengel“.

Manchmal holt einen die Vergangenheit ein. So jedenfalls ergeht es Kriminalkommissarin Tina Camphausen (Gesine Cukrowski), bei der eines Tages ihre Schwester Jenny Hansen (Katharina Wackernagel) auftaucht. Tina und Jenny haben sich Jahrzehnte nicht gesehen, seit jener Zeit im Kinderheim, als sich ein Erzieher an den Kindern verging. Über viele Jahre hinweg hatte niemand über Herrn von Brederstein gesprochen. Tina, die zusammen mit ihrem Mann Gero (Götz Schubert) und der kleinen Tochter Marie (Liselotte Voß) an der Ostsee wohnt und bei der Kripo Lübeck arbeitet, wurde damals in eine Familie abgegeben. Jenny blieb im Heim zurück, bei diesem von Brederstein. Und der liegt nun tot in einer Badewanne, in einem Luxushotel in Travemünde, wohin Tina Camphausen gerufen wird. Kopfschuss. Anfangs erkennt sie den Mann nicht, zumal er Schneider hieß. Erst viel später kommen ihr die Bilder der Vergangenheit in den Sinn. Zusammen mit ihrem Kollegen Chris Pensin (Matthias Koeberlin) nimmt sie die Ermittlungen auf, die Tina Camphausen zurückführen in ihre so lange verdrängte Vergangenheit. Mit dem Tod Bredersteins und dem Ankommen der Schwester bricht alles wieder auf.

Der Psychothriller „Racheengel“ spielt in der friedlichen Schneelandschaft der deutschen Ostseeküste. Inszeniert hat ihn Tim Trageser nach einem Drehbuch von Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof (nach einer Idee von Hanno Hackfort und Michael Helfrich). Und vielleicht liegt hierin auch schon die Krux, dass vier Ideengeber respektive Autoren eben zu viele sind, die an der mitunter groben Dramaturgie köchelten. Jedenfalls ist die Story des eiskalten Racheengels mit dem noch eiskälteren Plan im eisestkalten Unschuldswinter eine, die so oder so ähnlich schon zigfach erzählt wurden ist. Da ziehen verletzte, gekränkte, traumatisierte Menschen aus, um es jenen heimzuzahlen, die bis dato ungeschoren davonkamen, obgleich sie das Übel zu verantworten haben. Jeder zweite US-amerikanische Psychothriller behandelt diesen Themenkomplex.

Interessant sind immerhin die beiden schwesterlichen Antipoden – die Dunkle und die Helle, die Böse und die Gute, die Abgründige und die Normale. Die Ambivalenz zweier Frauen. Es mutet so an, als wären es zwei Seiten ein und derselben Person – Hitchcock lässt grüßen.

Katharina Wackernagel spielt die dunkle Schwester, diesen Todesengel im schwarzen Habitus. Ab und an fängt die Kamera sie in Nahaufnahme ein, ihr pechschwarzes Haar umflort ihr Gesicht mit dem stechenden Blick. Gesine Cukrowski ist die positiv konnotierte Kommissarin, die Ehefrau und Mutter, deren Blondschopf schon von Weitem erkennbar ist. Die aber auch gelernt hat zu verdrängen. Was hätte man mit diesen beiden noch darstellen, hätte mehr in die Tiefen gehen können, aus denen all die Muster herrühren, die ihr Verhalten prägen. Doch offenbar interessierte dies die Macher nur bedingt, zumal – neben der mitunter reißerisch angelegten Musik – die Kamera von Eckhard Jansen eher gefällig-glatte Bilder zu liefern hatte. So liegt hier über allem etwas Artifizielles. „Racheengel“ hätte ein sehr guter Fernsehfilm, ein sehr guter Psychothriller werden können. Es wurde trotz der grandiosen Darsteller ein doch eher unbefriedigender Kompromiss. Thilo Wydra

„Racheengel – Ein eiskalter Plan“, ZDF, 20 Uhr 15

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