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Entführt und ermordet: James Foley arbeitete bis vor zwei Jahren als Fotograf in verschiedenen Regionen Syriens.

© AFP

Ermordeter US-Journalist James Foley: Zwischen den Fronten

Warum töten Terroristen Reporter? Manchmal aus Rache. Manchmal aus Zufall. Bei James Foley war es der brutale Wunsch nach Aufmerksamkeit im Netz.

„Syrien ist derzeit das gefährlichste Land für Journalisten“, warnen sowohl „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) als auch das „Comittee to protect Journalists“ (CPJ) auf ihren Internetseiten. Weltweit zählt RoG in diesem Jahr bereits 43 getötete Reporter und Fotografen, 20 davon alleine in Syrien. Mindestens ebenso viele gelten dort als vermisst.

Das jüngste Beispiel, was Journalisten im schlimmsten Fall in Syrien oder anderen Krisengebieten droht, zeigt das Video von der Enthauptung des US-Fotografen James Foley. Foley war im November 2012 nahe der syrischen Stadt Binesh gemeinsam mit seinem Übersetzer aus einem Auto entführt worden. Sein Begleiter wurde freigelassen, von Foley fehlte fast zwei Jahre lang jede Spur. Bis zur Nacht auf Mittwoch, als bei Youtube ein circa fünfminütiger Clip auftauchte, der seine Enthauptung durch Kämpfer der islamischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) zeigt. Danach wird ein zweiter entführter Journalist vorgeführt. Anscheinend handelt es sich bei ihm um den Amerikaner Steven Sotloff. Er wird seit August 2013 vermisst; von damals stammt sein letzter Twitter-Post.

Zahlreiche Journalisten-Organisationen verurteilten Foleys Ermordung und die Gewalt der IS-Milizen aufs Schärfste. Die Vorstandssprecherin von „Reporter ohne Grenzen“, Astrid Frohloff, sagte: „Es ist schrecklich, dass die Milizen vom ,Islamischen Staat‘ einen unabhängigen Journalisten auf solch grauenhafte Weise zum Opfer internationaler Politik machen.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte RoG immer wieder vor Gewalt von IS-Kämpfern gegenüber Journalisten gewarnt. „Bisher haben sie aber vor allem ihre Gräueltaten an Zivilisten kommuniziert“, erklärt Pressereferentin Silke Ballweg.

Ausländische Journalisten sind wertvoll für Terroristen. Sie gelten als Pfand

Die IS-Milizen, die ihre Ideologie samt ihrer Verbrechen auf Social-Media-Kanälen wie Twitter und Youtube verbreiten, sind sehr auf ihre Außenwirkung bedacht. Das Video, das die Hinrichtung von Foley zeigt, sei aber selbst für sie eine „neue Ebene“. „Für IS ist das eine Strategie. Sie wollen weltweite Aufmerksamkeit“, sagt Ballweg. Diese Aufmerksamkeit hängt auch mit der Nationalität des Journalisten zusammen: „Ein ausländischer Journalist ist ein größeres Faustpfand“, so Ballweg.

Denn für einheimische Reporter interessiert sich die Weltöffentlichkeit eher weniger. Das wissen auch die IS-Milizen. Trotzdem werden auch Syrer von ihnen bedroht, verschleppt und ermordet – insbesondere, wenn sie westliche Medien beliefern. „Es sind nur noch wenige Korrespondenten in Syrien. Deshalb liefern mittlerweile oft normale Bürger Informationen an ausländische Medien. Sie geraten am häufigsten zwischen die Fronten“, so Ballweg. Abgesehen von den einheimischen „Bürgerjournalisten“ halten sich noch etliche ausländische Freelancer in den von den IS-Milizen umkämpften Gebieten in Syrien und im Irak auf. Foley war einer von ihnen. Offizielle Zahlen gibt es zu ihnen allerdings nicht.

„Das sind nicht irgendwelche Adrenalin-Junkies“, sagt Ballweg über Journalisten in Krisengebieten. Die Reporter dort seien weder leichtsinnig noch schlecht ausgebildet. „Das wird sehr oft behauptet. Wir können das absolut nicht bestätigen.“ Auch für Foley traf nichts davon zu. Er arbeitete zum Zeitpunkt seiner Entführung seit fünf Jahren in Syrien, sprach leidlich Arabisch.

Foley war ein erfahrener Journalist. Doch das schützte ihn nicht

Immer wieder treffen Anschläge oder Entführungen auch Journalisten, die als umsichtig und etabliert gelten. Einzig ihre Anwesenheit in einem Krisengebiet lässt sie ins Visier von Terroristen geraten. So wurde zum Beispiel die deutsche Kriegsfotografin Anja Niedringhaus Opfer eines willkürlichen Attentats. Ein afghanischer Polizist erschoss sie, während sie im Auto an einer Schranke wartete – angeblich, um sich für ein Nato-Bombardement zu rächen, bei dem seine Angehörigen ums Leben gekommen waren. Im selben Monat kamen vier französische Journalisten wieder aus Geiselhaft frei, nachdem sie zehn Monate zuvor verschleppt worden waren – genau wie Foley im Norden Syriens.

Unterdessen rief der deutsche Presserat zu Sensibilität im Umgang mit Bildern auf, die Foleys Enthauptung zeigen. Auch der Nachrichtendienst Twitter kündigte an, die Verbreitung des Videos zu unterbinden. Diverse Nutzerkonten, die scheinbar auch IS-Kämpfern oder Sympathisanten gehören, seien bereits gesperrt worden.

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