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Snooker-Reporter Rolf Kalb.

© Imago

Eurosport-Kommentator Rolf Kalb: Snooker im Anzug

Eurosport-Kommentator Rolf Kalb ist Stimme und Gesicht des deutschen Snookers. Beim German Masters im Berliner Tempodrom ist er fast rund um die Uhr im Einsatz. Ein Porträt.

Rolf Kalb steht im Foyer des Tempodroms und schreibt Autogramme. Seine Unterschrift ist begehrt wie die eines Stars. Dabei ist Kalb derjenige, der hinter den Kulissen arbeitet. Der 54-Jährige aus Doveren am Niederrhein kommentiert bei Eurosport Snooker. Snooker, das ist jene Billardvariante, bei der die Spieler nicht nur wie Gentlemen aussehen, sondern sich auch so benehmen. Fliege und Weste gehören zur Arbeitskleidung, während der Matches wird kaum gesprochen, nur ganz selten sicht- oder hörbar gejubelt.

Auch Rolf Kalb hat sich für die German Masters in Berlin schick gemacht. Er trägt Anzug, aber das tut er eigentlich immer bei Turnieren. Im Tempodrom fungiert er als Kommentator und zudem als sogenannter Zeremonienmeister. Kalb informiert die Zuschauer vor Spielbeginn über das anstehende Programm und kündigt die Spieler an, die gleich antreten werden. Bevor es losgeht, fragt er das Publikum: „Wollen Sie Snooker?“ Ein lautes „Ja!“ schallt durch das Tempodrom. Kalb verschwindet in seine Kommentatorenbox, in der er bis Sonntag mehr oder weniger den ganzen Tag verbringen wird. Von zehn Uhr morgens an bis in den späten Abend sendet Eurosport Snooker – nicht nur diese Woche aus Berlin, sondern das gesamte Jahr über.

Rund 2000 Stunden lief das urbritische Spiel 2013 beim Spartensender über den Bildschirm, von 19 Turnieren wird live und in epischer Breite berichtet. Snooker ist ein Premiumprodukt für Eurosport. Im Schnitt liegt der Marktanteil des Senders in Deutschland bei 0,8 Prozent. Wird Snooker gezeigt, steigt er auf 1,2 Prozent. Bis zu eine Million Zuschauer schalten schon mal ein, wenn bei der WM das Finale ausgetragen wird. Und Rolf Kalb ist immer mit dabei.

1989 begann er seinen Kommentatorenjob bei Eurosport. Als Pressesprecher der Deutschen Billard-Union brachte er neben Wissen auch Begeisterung für den Billardsport mit. Das sollte sich für beide Seiten auszahlen. In Ermangelung eigener Topprofis ist Kalb zum Gesicht des deutschen Snookers geworden – oder besser zu dessen Stimme. Das ist auch Eurosport bewusst. Kalb ist freier Mitarbeiter, trotz anderer Angebote ist er dem Sender treu geblieben – und wird es wohl noch einige Zeit bleiben. Bis 2016 läuft das aktuelle Snookerrechtepaket.

Die Zuschauer können also noch einige Jahre den Ausführungen von Rolf Kalb lauschen. „Natürlich wiederhole ich mich manchmal“, gibt er zu. Gerade in Sachen Regelkunde sei das unvermeidlich. „Aber das ist ein Grund, warum wir auch immer wieder neue Zuschauer gewinnen.“ Neben Fachwissen bringt Kalb eine gesunde Akribie mit. Statistiken müssen aktuell gehalten werden, Anekdoten dürfen nicht dem Zwecke der Selbstdarstellung dienen.

Dabei ist Rolf Kalb ganz nah an den Spielern dran, in der Players Lounge beim German Masters gießt er sich den Kaffee aus derselben Kanne ein wie die Stars. Nur darf es nicht zu viel davon sein, „denn während der Übertragungen kann ich ja nicht einfach auf die Toilette spazieren“. Je nach Matchdauer kann es durchaus passieren, dass Kalb an einem Tag neun Stunden auf Sendung ist. Damit dürfte er der deutsche Sportkommentator mit der größten Fernsehpräsenz sein.

Von Müdigkeit ist bei ihm aber nichts zu spüren. Mit tiefer, sonorer Stimme begleitet Kalb die Spiele mit der ihm eigenen Mischung aus Unaufgeregtheit und plötzlicher Dramatik, wenn ein Match in die entscheidende Phase geht. Und das kommt an. „Rolf Kalb ist einsame Spitze“, sagt Tempodrom-Besucherin Jutta Neitsch. Die 65-jährige Berlinerin ist seit Jahren Snookerfan und auch wegen Kalbs Kommentierung dabei geblieben. „Sport im Fernsehen lebt auch immer vom Kommentator“, findet sie. Auch Sebastian Nebauer mag Rolf Kalb. „Besonders seine Lockerheit.“ Neitsch und Nebauer sind auch ein Beleg dafür, dass Snooker im Fernsehen ganz unabhängig von Alter und Geschlecht funktioniert. Wobei es natürlich auch Menschen wie die 23-jährige Mareike Wendler aus Greifswald gibt, denen Kalb etwas „zu dröge“ daherkommt, weil er „zu wenig Emotionen zeigt“.

Der Kommentator weiß, dass er es nicht jedem recht machen kann. „Wer sich öffentlich äußert, muss auch mit Kritik leben können.“ Um sich weniger angreifbar zu machen, hütet er ein Geheimnis besonders gewissenhaft. Wie es denn wohl um seine eigenen Snookerkünste beschaffen sei, ist er häufig gefragt worden. „Das ist Privatsache“, sagt er. Schließlich könne das bei Spielern oder Zuschauern durchaus mit Argwohn aufgefasst werden. Und zum Autogrammeschreiben, reicht es für Rolf Kalb ja auch so.

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