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Peer Steinbrück (SPD) in der Sendung bei Günther Jauch.

© dpa

Fernsehen: Jauch und Steinbrück: Spitzenverdiener unter sich

Bei Günther Jauch musste sich Peer Steinbrück bekannte Vorwürfe anhören. Überraschend kam dagegen eine Entschuldigung bei Andrea Nahles - und was er über sein Verhältnis zu Religion zu erzählen hatte.

Von Hans Monath

Selten war das Publikum bei Günther Jauch so klatschfreudig wie am Sonntagabend gegenüber dessen Solo-Gast Peer Steinbrück. Der Politiker steht im Feuer und muss sich wegen seiner hohen Nebenverdienste als Bundestagsabgeordneter rechtfertigen, seit ihn SPD-Chef Sigmar Gabriel vor zehn Tagen zum Kanzlerkandidaten seiner Partei ausgerufen hat. In Jauchs Studio im Schöneberger Gasometer schien dem Kandidaten die Verteidigung ganz gut zu gelingen. Zumindest kassierte er immer wieder spontanen Applaus für seine Argumente. Zuweilen fallen Medientenor und Volksmeinung auseinander.

Anfangs schien der sich Gast ein bisschen verbunkert zu haben, die Augen blitzten zwar kampfeslustig, aber die Mundwinkel hatte er hart nach unten gezogen – vielleicht verständlich, wenn man in der Anmoderation als eine Art Poltergeist des öffentlichen Lebens, als aufbrausender und rechthaberischer Politiker vorgestellt wird. Doch auf ein Ausflippen des Ex-Finanzministers auf offener Bühne warteten die Zuschauer dann vergeblich. Der konterte die Vorwürfe eher trocken und deftig. Der Vorwurf der Nähe zu Banken? „Ich bleibe dabei, das ist absurd und dämlich.“

Seinen Kritikern aus den Regierungsfraktionen warf Steinbrück Doppelmoral vor. Er sei im Gegensatz zu diesen dafür, die Transparenzregeln für Abgeordnete zu verschärfen: „„Ich bin gerne dabei. Diejenigen, die diese Debatte gegen mich losgetreten haben, werden jetzt die Konsequenz ziehen müssen.“ Sogar sein Zitat, wonach es Transparenz nur in Diktaturen gebe, verteidigte der Ex-Finanzminister: „Ich glaube, dass Privatheit zur Würde des Menschen gehört.“ Und pries seine eigene Direktheit als Vorteil, der eben manchmal auch seinen Preis habe: „Sie wollen eigentlich Politiker, die nicht glatt geschaffen sind wie Kieselsteine.

Nur einmal dreht der Gast den Spieß um und fragte den Moderator, ob der nicht seinen Vertrag mit der ARD offen legen wolle. „Der ist offen“, versicherte Jauch schnell. Besonders bissig war der Moderator beim Thema Nebeneinkünfte ohnehin nicht – vielleicht verständlich, wenn ein Spitzenverdiener einen anderen Spitzenverdiener wegen dessen Spitzenverdienst vorführen soll. Nach zwanzig Minuten wollte Jauch dann wissen, ob Steinbrück das Honorar-Thema allmählich nerve. „Nee, glauben Sie, mir das anmerken zu müssen?“, antwortete der. Damit war der Komplex schon abgearbeitet und ein Drittel der Sendezeit um.

Es blieb spannend, aber wenig überraschend bei den Fragen zum Verhältnis zur Kanzlerin, dem großen Abstand in den Umfragen, den Koalitionsoptionen und dem Spannungsverhältnis zur eigenen Partei („Es würde mich wundern, wenn ich nicht umstritten wäre.“). Als empörten sozialdemokratischen Kritiker von Steinbrücks Lob der Agenda-Politik und von dessen Rentenplänen brachten die Jauch-Redakteure nur Rudolf Dreßler in Stellung, der schon vor mehr als einem Jahrzehnt aus dem Bundestag ausgeschieden war. Womöglich sprach dieser Auftritt des Tradidionssozialdemokraten eher für die Geschlossenheit der SPD: Seinbrücks parteiinterne Kritiker wollten ihrem Kandidaten offenbar im Fernsehen nicht in den Rücken fallen.

Eine Überraschung hielt die Sendung doch noch parat: Der besserwissersische, kühl-hanseatische Kandidat kann auch öffentlich bereuen und um Versöhnung bitten, wenn er sich verrannt hat. So wie mit der Aussage über die von ihm wenig geschätzte SPD-Generalsekretärin, wonach sein Leben ohne Andrea Nahles nicht ärmer wäre. „Der Satz tut mir leid“, sprach Steinbrück nun ganz mild: „Ich entschuldige mich dafür.“

Viel Privates gab Steinbrück nicht preis – da ist die Kanzlerin sein Vorbild, der er ausdrücklich seinen Respekt bekundete: „So wie es Angela Merkel macht mit dem Schutz ihrer Privatsphäre, würde ich es gerne von ihr kopieren.“ Wie angetan Steinbrücks Familie von seiner neuen Aufgabe sei, wollte Jauch noch wissen. Antwort des Gastes: „Offen gesagt, nicht sehr begeistert.“

Als Kanzler würde der Kandidat übrigens die Eidesformel mit dem Zusatz „so wahr mir Gott helfe“ ablegen – „inzwischen wieder“, wie er das nannte. Denn mit 18 war Steinbrück aus der Kirche ausgetreten und erst vor rund sieben Jahren, 40 Jahre später, wieder dorthin zurückgekehrt. Ohnehin scheint auch Religion für den Protestanten Steinbrück eher eine Vernunft- als eine Herzensangelegenheit. In dem Gott, an den er glaubt, sieht er das friedliche Prinzip für das Zusammenleben der Menschen.

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