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„Ich stehe zu meiner Mitverantwortung - deshalb sitze ich hier“, sagte Matthias Platzeck am Sonntagabend bei „Günther Jauch“.

© dpa

Flughafen-Debakel: Bei Jauch stellt sich Platzeck der Kritik

Klaus Wowereit? Hat abgesagt. Dafür kam Matthias Platzeck in Günther Jauchs Talkrunde zum BER-Desaster - und machte eine gute Figur. Am Ende war die Schuldfrage zwar nicht geklärt, dennoch gab es einen Erkenntnisgewinn.

Obwohl es jetzt um eine Fernsehtalkshow geht, wird es kompliziert – und das ist natürlich eine gute Nachricht. Es wird kompliziert, weil die Talkshow „Günther Jauch“ am Sonntagabend irre langweilig war und deshalb sehr gut. Interessant irgendwie. Wie konnte es bloß dazu kommen?

Es ging um die erneute Verschiebung des Flughafens „Willy Brandt“, darum, dass das Ding nicht fertig werden will, es ging um Schlamperei und Verantwortung, um Rücktritte und Entschädigungen und die große Leistung der Talkrunde bestand darin, dass die meiste Zeit sachlich diskutiert wurde, dass nicht versucht wurde mit den Mitteln des Boulevards draufzuhauen – es gab keine Polemik, keine großen Gesten und es ging nicht um den Untergang des Abendlandes; Klaus Wowereit hatte übrigens abgesagt, viele andere Menschen, die Günther Jauch gerne begrüßt hätte, seien laut seiner Aussage abgetaucht, der Moderator meinte, so etwas habe man noch selten erlebt.

Matthias Platzeck immerhin war da – er wird der neue Aufsichtsratchef, er ist Ministerpräsident von Brandenburg, und er machte seine Sache am Sonntagabend so gut, dass man zeitweilig den Eindruck hatte, er sei der einzige Gast. Was nicht schlimm gewesen wäre, denn auf die naturempörte Renate Künast hätte man gerne verzichtet, mehr allerdings noch auf den ehemaligen Air-Berlin-Chef Joachim Hunold, der während der Sendung plötzlich darüber ins Schwärmen geriet, wie die in Dubai solche Großprojekte bauen. Daraufhin sprach ihn Jauch gar nicht mehr an, der Moderator hatte auch sichtlich wenig Lust auf den „Bild“-Kolumnisten Hugo Müller-Vogg, dessen Einwürfe einen mal kurz darüber nachdenken lassen, ob man in Berlin dem Schwaben im Vergleich zum Badener nicht sehr viel unrecht tut. Interessant fand Jauch allerdings alles, was Klaus Grewe zu erzählen hatte, übrigens völlig zurecht. Mit dem Esprit eines Mannes, der sehr in sich ruht, berichtete Grewe, wie er als Projektmanager die Stätten der Olympischen Spiele in London für weniger Geld als angesetzt und schneller als gedacht fertig gestellt hat. Gut möglich, dass Jauch und Platzeck nach der Sendung um Grewes Nummer baten.

Überhaupt: Bauen, Mängel, Kabelbuch – Immobilienbesitzer Jauch fühlte sich sichtlich wohl in dieser Runde, das tat der Sendung gut, und als jemand, der in Berlin aufgewachsen ist und jetzt in Brandenburg lebt, war er auch sicher im Thema und offensichtlich interessiert an dem, was Platzeck sich jetzt vorgenommen hat. Jauch fragt nach – ohne Häme – und obwohl er zu Beginn angekündigt hatte, man wolle darüber sprechen, wer eigentlich Schuld an dem Desaster sei, war die Sendung weit entfernt davon, jemanden an den Pranger zu stellen.

Am Ende war die Schuldfrage nicht geklärt, es wurde auch kein neuer Eröffnungstermin ausgerufen – aber es gab dennoch einen Erkenntnisgewinn: Nämlich den, dass Sachlichkeit manchmal für die Zuschauer interessanter ist als eine Karnevalsveranstaltung. Und dass nämlich das Desaster, das dieser Flughafenbau mit sich gebracht hat, mit sich bringt und mit Sicherheit noch mit sich bringen wird, für viele Menschen schlimmer ist, als dass man dieses Thema irgendwelchen Krawallbrüdern überlassen sollte.

Und Klaus Wowereit wäre vielleicht eh besser aufgehoben bei der Prominentenausgabe von „Wer wird Millionär?“.

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