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Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein.

© dpa

Frotzelei oder Ausrutscher?: Wolfgang Kubickis „innerer Reichsparteitag“

Der „Spiegel“ zitiert FDP-Mann Wolfgang Kubicki mit einem Satz, der schon bei Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein für Aufsehen gesorgt hatte. Kubicki hat aber keine Lust, darüber zu reden.

In Deutschland wird jetzt viel darüber diskutiert, ob rassistische Vokabeln wie „Neger“ oder „Mohr“ aus Kinderbüchern verschwinden müssen. Wer nun den aktuellen „Spiegel“ liest, könnte derweil glauben, dass nationalsozialistische Begriffe wieder salonfähig werden.

In einem Text über den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Verlags Gruner + Jahr, Bernd Buchholz, der für die FDP in Schleswig-Holstein 2013 in den Bundestag ziehen will, kommt auch der Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, zu Wort: „Sensationell“ finde Kubicki, dass Buchholz antreten wolle: „Für mich ist das ein innerer Reichsparteitag.“

„Innerer Reichsparteitag“, das ist ein historisch belasteter Begriff, verbunden mit der Zeit des Nationalsozialismus. Im „Spiegel“ steht er eingebettet in einer von Kubickis Frotzeleien über Buchholz, Autorin Merlind Theile geht darauf gar nicht weiter ein – doch könnte dieser Satz Kubicki in Erklärungsnot bringen. Hat er den Begriff tatsächlich so verwendet? Findet er, dass solche Begriffe gesagt werden dürfen, ohne das Zuhörer und Leser zusammenzucken müssen? Nutzt er diese Formulierung regelmäßig, um seine Freude zum Ausdruck zu bringen?

Auf diese Fragen will Kubicki nicht antworten. Er habe dazu „keine Lust“, lässt er über die Sprecherin der FDP Schleswig-Holstein am Montag mitteilen. Womöglich hofft Kubicki darauf, dass der Satz möglichst ungehört verklingt und nicht ein ähnlicher Wirbel entsteht, wie 2010. ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein hatte sich damals während der Fußball-Weltmeisterschaft ähnlich geäußert. Nach einem Tor von Spieler Miroslav Klose sagte sie, dass der Treffer für Klose „ein innerer Reichsparteitag“ gewesen sein müsse.

Das ZDF entschuldigte sich für Hohenstein. Historiker diskutierten darüber, welche Bedeutung die Formulierung hat. „Man kann daran sehen, wie tief solche Redewendungen sitzen. Dass diese Phrase sich bis heute hält, zeigt die Wirkungsmächtigkeit der NS-Parteitage“, sagte Eckart Dietzfelbinger vom Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg damals dem „Focus“. Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, monierte in der „SZ“, dass der Ausdruck „umgangssprachlich viel zu häufig leichtfertig benutzt“ werde. Egon Bahr schrieb in der „Berliner Zeitung“, dass Müller-Hohensteins Satz „gar keine sprachliche Entgleisung“ gewesen sei. In seiner Jugend habe er mit dem Satz „ die Nazis verspottet“ .

Bernd Buchholz nimmt Kubicki jedenfalls in Schutz: „Ich finde, dass im Rahmen einer solchen Frotzelei nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden sollte“, sagt Buchholz am Montag dem Tagesspiegel. Kubicki habe mit dem Satz nichts anderes zum Ausdruck bringen wollen, als dass er sich über die Kandidatur von Buchholz freue.

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