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Geburtstag: Zähneputzen mit Dunja Hayali

Zwischen Küche, Bad und Wohnzimmer – Seit 20 Jahren beginnt der Tag für Millionen Menschen in Deutschland mit dem „Morgenmagazin“. Gute Laune gehört zum Anforderungsprofil der Moderatoren.

Ob Mückensprays, Fiskalpakt oder Breakdancen mit Bach – das „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF beginnt den Fernsehtag um 5 Uhr 30 in seiner ganzen Bandbreite. Und das nun schon seit 20 Jahren. Was 1992 als Sonderberichterstattung zum Golfkrieg mit etwa 300 000 Zuschauern startete, ist heute eine Wundertüte für über drei Millionen Frühaufsteher.

Anders als abends auf dem Sofa, „lässt der Zuschauer uns in einem relativ intimen Moment in die Wohnung“, sagt Martin Hövel, der seit 2005 Redaktionsleiter des ARD-„Morgenmagazins“, kurz „MoMa“, ist. Zwischen Kaffee aufstellen, Pausenbrot belegen und Zähneputzen ist jede Minute kostbar. Immerhin 30 Minuten lang haben die Zuschauer die Sendung im Schnitt eingeschaltet. Die meisten laufen währenddessen durch die Wohnung. Da hilft es, dass sich Themen wiederholen und das meiste auch verständlich wird, wenn man die Sendung nur hört.

Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung haben mittlerweile 600 000 Haushalte einen Fernseher in der Küche stehen. Bei 44 Prozent davon läuft öffentlich-rechtliches Frühstücksprogramm. Manchen ist es mittlerweile etwas zu bunt, anderen zu wirtschaftslastig. Wie muss Fernsehen gemacht sein, dass es bei halb wachen, eher mittelmäßig gelaunten Menschen gut ankommt?

„Die Kunst besteht darin, täglich die Balance zu finden, damit für jeden etwas dabei ist“, sagt Dunja Hayali, die seit fünf Jahren die Spätschiene des ZDF-Morgenmagazins moderiert, das heißt von 7 Uhr bis 9 Uhr. Hayali, bekennender Morgenmuffel, muss dann um 3 Uhr 45 aufstehen, um mit dem Taxi um 4 Uhr 30 im ZDF-Hauptstadtstudio Unter den Linden zu sein. „Dort bin ich dann erstaunlicherweise immer gut gelaunt“, sagt die 38-Jährige und scherzt: „Vielleicht sollte ich einfach nur noch dort sein.“ Die gute Laune gehört zum Anforderungsprofil. Thomas Fuhrmann, „MoMa“-Leiter beim ZDF, nennt es „eine größere Grundfreundlichkeit“.

Für Moderatoren ist das „MoMa“ so etwas wie Talentschuppen und Feuerprobe zugleich. Wer es zu einer für Journalisten so unchristlichen Zeit schafft, zwei Stunden lang froh gestimmt und sattelfest ohne Teleprompter zu moderieren, den kann auch sonst nicht viel schrecken. So begannen hier unter anderem die Karrieren von Gert Scobel, Maybrit Illner und Steffen Seibert.

Der Mitbegründer des ZDF-„Morgenmagazins“ Peter Frey ist heute ZDF-Chefredakteur und sagt: „Sechs Jahre ,MoMa’ gehören für mich zur schönsten Zeit meiner Berufslaufbahn, in der ich lernte, dass gerade das Unvorhergesehene am spannendsten ist.“ Tatsächlich kann in diesem Format noch manches ausprobiert werden. Von Maybrit Illner ist allerdings auch der Satz überliefert: „Ein Jahr ,Morgenmagazin‘ ist wie sieben normale Menschenjahre.“

40 Angestellte arbeiten sowohl beim ZDF als auch beim WDR für das „MoMa“. Die beiden Sender wechseln sich wöchentlich ab. Sie wirken dabei ein bisschen wie zweieiige Zwillinge, die unabhängig voneinander das Gleiche machen: so viel aktuelle Information wie möglich und so viel Boulevard wie nötig. Um die zwölf Millionen Euro kostet die Sendung im Jahr. Umgerechnet auf die Sendeminute ist das relativ günstig.

Politiker kommen gerne als frühe Vögel ins Studio. Hier können sie die Themen des Tages mitbestimmen, werden oft noch bis in die Abendnachrichten hinein zitiert. Auch Angela Merkel ist etwa zwei bis drei Mal pro Jahr zu Gast.

Dass ihre Spielwiese durchaus ernst genommen wird, freut die „MoMa“-Macher. „Wer als Politiker eine Botschaft setzen will, muss ins ,Morgenmagazin’“, findet Chefredakteur Peter Frey.

Mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent liegt das „MoMa“ drei Prozentpunkte vor der Konkurrenz von Sat 1 (5 Uhr 30 bis 10 Uhr) und RTL (6 bis 7 Uhr 30). Auch wenn die mit Promi-News, Gewinnspielen, Musik und viel Werbung ein anderes Konzept verfolgt, hat man bei ARD und ZDF deren Quoten stets Blick. Immerhin waren sie einst Vorreiter: Bereits 1987, also fünf Jahre vor den Öffentlich-Rechtlichen, sendeten „Guten Morgen Deutschland“ von RTL und „Guten Morgen mit Sat 1“, die mittlerweile „Punkt 6“ und „Sat-1-Frühstücksfernsehen“ heißen.

Zum 20. Geburtstag gibt es heute in der ZDF-Sendung eine große Torte und einen satirischen Rückblick mit Frisuren, Mode und Moderationen aus 20 Jahren. Außerdem werden die ARD-Kollegen zugeschaltet. Bereits am letzten Freitag war das ZDF-Team zu einer kleinen Feier in Köln – auf die nächsten 20 Jahre. Denn wie meinte Herbert Feuerstein über das „MoMa“ einmal: „Es gibt das Gerücht, dass die Leute nach so langer Zeit neue Organe kriegen.“

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