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Medien: Geld schießt Quoten

Etwas Besseres als der Fall Hoeneß konnte „Günther Jauch“ nicht passieren.

Es ist, man kann es leider nicht anders ausdrücken, ein Geschenk – schon allein, wie man damit titeln kann: „Der Fall des Uli Hoeneß“. Mehr geht kaum in der deutschen Medienlandschaft. Günther Jauch profitierte als einer der Ersten von diesem Geschenk, von der Geschichte um die Steuerhinterziehung des Bayern-München-Präsidenten Uli Hoeneß. Denn hätte es die Geschichte im „Focus“ nicht gegeben, dann hätte Günther Jauch am Sonntagabend über folgendes Thema diskutieren lassen: „Patientenfalle Krankenhaus – unnötige OPs für satte Gewinne?“ Als Gäste erschienen wären unter anderem Jens Spahn, Andrea Grebe und Jürgen Graalmann. Wer kennt sie nicht!?

Zur Hoeneß-Sendung kamen dann unter anderem Wolfgang Kubicki, Oliver Pocher und Dieter Kürten, wobei es sich bei den beiden Letztgenannten um Totalausfälle gehandelt hat. Während Pocher meint, jetzt auch schon in Talkshows beweisen zu müssen, dass er gar nix kann (und jede an ihn gestellte Frage wahlweise mit „Das weiß ich nicht ...“ oder mit „Das kann ich nicht sagen ...“ beantwortete), fiel dem früheren „Sportstudio“-Moderator Kürten die Rolle des gütigen Patenonkels zu, der es kopfschüttelnd nicht fassen kann, was der Junge denn da jetzt bloß angestellt habe.

Jauch, der befreit wirkte, weil mal offensichtlich Themen zusammenkamen, in denen er mehr als firm ist (Fußball und Geld), tat gut daran, diese beiden eher selten miteinzubeziehen, um dann lieber umso intensiver mit der großen Entdeckung dieser Talkshow zu sprechen: dem nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Der Mann wirkte in all seiner pedantischen Gelassenheit tatsächlich wie ein Staatsdiener im besten, traditionellen Sinn. Positiv muss man anmerken, dass er kaum parteitaktische Karten ausspielte, obwohl das durchaus angebracht gewesen wäre. Überraschend auch, dass in einer Talkshow, in der Wolfgang Kubicki zu Gast ist, nicht irgendwann rumgebrüllt wurde – der FDP-Mann Kubicki ging auf in seiner Rolle als Steueranwalt; ein Beruf, den er offenbar seriös ausübt.

Überhaupt war es auch Seriosität, die diese Talk-Stunde geprägt hat. Wenig wurde boulevardisiert, es ging kaum populistisch zu, was auch an der unaufgeregten Moderation von Günther Jauch lag, dem zum einen von seiner Redaktion sehr gut zugearbeitet wurde.

Die „Süddeutsche Zeitung“ meldete nach Sendebeginn, Hoeneß habe um das Jahr 2000 von Robert Louis-Dreyfus, dem ehemaligen Adidas-Chef, ein Darlehen in der Größenordnung von zehn bis 15 Millionen Euro bekommen, an der Börse spekuliert und ein Konto bei der Schweizer Bank Vontobel AG eingerichtet, auf dem er Millionen Euro lagerte. Wobei es sich nicht um Schwarzgeld, sondern um versteuertes Geld handelte, vom der er allerdings nicht die Kapitalertragsteuer entrichtet habe. Kaum wurde Jauch diese Meldung in die Sendung gereicht, hat der Moderator sie auch schon eingebaut. Günther Jauch war auch sonst auf der Höhe. So wusste Jauch von einem Artikel aus dem „Stern“ vom 17. Januar, in dem stand, dass angeblich „ein Spitzenvertreter der Fußball–Bundesliga zeitweise eine halbe Milliarde Euro bei einer Schweizer Bank gebunkert“ habe.

Jauch stellte auch Jörg Quoos, dem sehr unglücklich wirkenden Chefredakteur des „Focus“, der sich über seinen Scoop nicht recht freuen wollte, die sehr naheliegende Frage, welchen Anteil denn „Focus“-Herausgeber Helmut Markwort an der Enthüllung habe. Markwort ist im Aufsichtsrat von Bayern München – bei Heimspielen sitzt er wahlweise neben, unter oder über Uli Hoeneß auf der Tribüne. Quoos versuchte vergeblich, diese korrekte Frage ins Lächerliche zu ziehen.

Am Montag sollte der Fall des Uli Hoeneß auch das Thema bei Frank Plasberg sein, es wird andauern, da wird noch mehr kommen. Jauch war nur der Anfang – allerdings kein schlechter. Und wenn es ähnlich unaufgeregt weitergeht, dann besteht auch nicht die Gefahr, dass es wie bei Christian Wulff einfach kein Ende nehmen will mit dem Darüberreden, Drübersenden, Drüberschreiben.

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