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Medien: Genosse Verräter

„Tödliche Falle“ – Dokumentation über Wehners Moskauer Jahre

„Tödliche Falle – Herbert Wehner in Moskau 1937“: Der Filmtitel könnte glauben machen, dass Wehner allein in der Falle saß. Das grausige Gegenteil ist der Fall. Der spätere SPD-Politiker hat neuen historischen Forschungen zufolge während seines Moskauer Exils für den sowjetischen Geheimdienst NKWD deutsche Emigranten bespitzelt. Wie die Dokumentation von Inga Wolfram (Mittwoch, 23 Uhr 30 in der ARD) zeigt, sollen Wehners Berichte zur Verfolgung und Ermordung vieler deutscher Kommunisten geführt haben. Der Film stützt sich auf Recherchen des Historikers Reinhard Müller vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Nach Darstellung des Historikers hat Wehner maßgeblich zur Entstehung eines Geheimbefehls des sowjetischen Ministers für Staatssicherheit, Nikolai Jeshow, beigetragen.

Herbert Wehner wurde 1927 KPD-Mitglied und arbeitete während der Nazi-Zeit im Untergrund, ging in die Sowjetunion, später nach Schweden. 1946 trat er in die SPD ein. Er war 37 Jahre Mitglied des Bundestags, er führte die SPD-Fraktion von 1969 bis 1983, er war Minister.

Ein Satz, von Wehner im Bundestag ausgestoßen, steht am Anfang und am Schluss der ARD-Dokumentation: „Ich werde es mein Leben lang büßen.“ Wehner meinte seine Mitgliedschaft in der KPD. Dieser in sich verbissene Mensch Wehner diente der SPD so versessen und leidenschaftlich, als hätte dieser Einsatz ihn seine Schuld zu tragen erleichtert.

Der Beitrag von Inga Wolfram in der Redaktion von Heribert Schwan will nicht das Denkmal stürzen. Nüchtern, hin und wieder mit düsteren Bildern und immer fern der Sensationsheische, wird Wehners Spitzelarbeit in Moskau dokumentiert. Eine glasklare Motivlage schält sich nicht heraus. War es schierer Macht- und Gestaltungswille, höchster politischer Ehrgeiz, war es die Überzeugung, dem Übervater Stalin auch die eigenen Genossen opfern zu müssen? Oder doch „nur“ nackte Überlebensangst? Herbert Wehner hat sich dazu nicht geäußert. Er hat jene Moskauer Jahre in seine berühmte Aktentasche gepackt und nie wieder herausgeholt. Aber die Akten in den Archiven, die kamen ans Licht. Joachim Huber

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