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Bitte lächeln. Google Street View fährt durch die Städte Deutschlands, nimmt mit Kameras 360-Grad-Panoramabilder auf – und hat „aus Versehen“ private Mails erfasst. Foto: dpa

© dpa

Datenschutz: Google liest mit

Nach einer Datenpanne beim Street-View-Dienst fordern Politiker und Datenschützer Gesetze, um gegen Google vorzugehen.

Google, Google, immer wieder Google. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat der Internetriese für seinen umstrittenen Straßenfoto-Dienst Street View persönliche Nutzerdaten aus drahtlosen Computernetzwerken, den sogenannten Wlans, aufgezeichnet, auch in Deutschland. Street View erfasst in den USA einen Großteil des Straßennetzes mittels 360-Grad-Panoramabildern, die mit speziell ausgerüsteten Pkws aufgenommen werden. Im Rest der Welt verbreitet sich Street View immer mehr und stößt vor allem in Deutschland auf Widerstand von Politikern und Datenschützern.

Die jüngste Pannenmeldung bringt die weltgrößte Internetsuchmaschine, die inzwischen offenbar viel mehr ist als nur eine Suchmaschine für Internetadressen, in Erklärungsnot. Immerhin werden mehr als 25 Millionen der deutschen Breitbandinternetzugänge über Wlan betrieben. Kein schönes Gefühl, wenn auch da Google seine Hände im Spiel hat. Das Unternehmen sprach von einem Fehler, kündigte an, ab sofort keine Wlan-Daten mehr zu erfassen und gespeicherte Daten zu löschen. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte eine lückenlose Aufklärung der Datenpanne.

„Wir bedauern diesen Fehler zutiefst“, sagte Google-Manager Alan Eustace. Die Nutzerdaten seien wegen eines Programmierfehlers „versehentlich“ erfasst worden. Nach Google-Angaben wurden persönliche Daten im Umfang von insgesamt 600 Gigabyte gespeichert. Eustace machte keine Angaben dazu, um welche Art von Daten es sich handelt. Google könnte Informationen über besuchte Internetseiten oder E-Mails erfasst haben, die über offene Netzwerke verschickt wurden. Google werde die Daten „so schnell wie möglich“ vernichten und Kontakt zu den Behörden der betroffenen Länder aufnehmen.

Die dunklen Street-View-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen mit ihren Kameras auf den Dächern seien vorerst gestoppt worden. Der Aufschrei in den Medien ist groß – so ganz ungeschoren scheint Google nicht davonzukommen. Ministerin Aigner warf Google vor, sich in illegaler Weise in private Netze eingeloggt zu haben. Die dort gesammelten Daten müssten „sofort und vollumfänglich“ gelöscht werden. Die Ministerin sagte, sie habe vor 14 Tagen ein Gespräch mit Google geführt. Da habe der Konzern abgestritten, dass außer Netzwerk- und IP-Adressen noch andere persönliche Daten gespeichert worden seien. „Offenbar weiß die Firma selbst nicht, was sie speichert.“ Ein Ministeriumssprecher bezeichnete es als „alarmierend“, dass Google offenbar über Jahre hinweg in private Datennetze „eingedrungen“ sei. Der Vorgang sei „ein weiterer Beleg dafür, dass Datenschutz für Google noch immer ein Fremdwort ist“. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte eine „detaillierte“ Überprüfung des Umgangs von Google mit personenbezogenen Daten durch unabhängige Behörden. In Deutschland gibt es zahlreiche Widerstände gegen Google Street View. Deswegen hatte sich Google mit Aigner darauf geeinigt, dass der Straßenfoto-Dienst in Deutschland, anders als in Frankreich oder Italien, erst starten wird, wenn Wohnungen, Häuser und Gärten von Bürgern, die Widerspruch dagegen eingelegt haben, vollständig unkenntlich gemacht worden sind. Datenschützer kritisieren, dass die Fotos Dieben oder Einbrechern in die Hände spielen könnten.

Bleibt aber zunächst die Frage nach der Sicherheit von privaten Mails und mehr. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (GAL) forderte, „Google muss sofort offenlegen, in welchem Umfang der Konzern auch in Europa und in Deutschland mitliest, wenn wir Freunden E-Mails schreiben oder unsere Bankgeschäfte übers Internet erledigen.“ Das inakzeptable Verhalten zeige einmal mehr, „dass wir uns auf eine freiwillige Selbstverpflichtung für Google Street View nicht verlassen können und ein Gesetz brauchen, um den Konzern an die Leine zu legen.“ Steffen warf Google vor, „das letzte Fünkchen Vertrauen zu verspielen“.

Der Fall macht erneut deutlich, wie groß Googles Macht – und wie wichtig auch die Verschlüsselung privater Funknetze ist. Erst vor ein paar Tagen urteilte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass Internetnutzer ihren Wlan-Anschluss in Zukunft durch ein persönliches Passwort vor dem unberechtigten Zugriff durch Dritte schützen sollten.  

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