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Noch darf geknutscht werden im „Marienhof“, hier mit Nic (Hendrik Borgmann) und Toni (Sandra Koltai). Doch im Herbst entscheidet die ARD über die Zukunft der Soap. Foto: ARD

© ARD/Jo Bischoff

Daily Soaps: Gute Seifen, schlechte Seifen

Während „GZSZ“ bei RTL triumphiert, verliert „Marienhof“ im Ersten Zuschauer. Im Herbst will die ARD nun entscheiden, welche Zukunft die Serie hat.

Der Hochzeitskuss – das Brautpaar Nic und Toni bei ihrer romantischen Trauung. Der Brief-Schock – Ruth und Charly sind entsetzt über die Finanzamtforderungen. Es wird wieder viel passieren im „Marienhof“. Wie an diesem Dienstag und Mittwoch und all den folgenden Werktagen um 18 Uhr 25. Freud und Leid eng beieinander, darauf ist seit fast 18 Jahren in der Seifenoper im ARD-Vorabendprogramm Verlass. Doch dass das noch 18 Monate, geschweige denn 18 Jahre so weitergeht, darauf können sich Zuschauer, Macher und Schauspieler nicht mehr verlassen. Während der Platzhirsch unter den Daily Soaps, die RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, in der Zielgruppe weiter gute Marktanteile einfährt, kämpft der Vorabendklassiker im Ersten mit sinkender Quote – so dass in der Branche schon über das Ende vom „Marienhof“ spekuliert wird.

Im Herbst solle über die Zukunft der Serie entschieden werden, hieß es in der vergangenen Woche aus der ARD-Programmdirektion in München. Dass es bereits einen ARD-Beschluss gebe, wonach „Marienhof“ nur noch bis Februar 2011 produziert werde, wurde zurückgewiesen. „Über Abschiede mache ich mir keine Gedanken, sondern freue mich lieber über neue Ideen und neue Gesichter“, sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres dem Tagesspiegel. Beim „Marienhof“ und auch bei „Verbotene Liebe“, der anderen glücklosen Daily Soap im ARD-Vorabendprogramm, werde intensiv an der Zukunft gearbeitet.

Ähnlich sieht das – naturgemäß – Simon Müller-Elmau, „Marienhof“-Produzent von der Bavaria-Produktion. Erst im Juni 2009 wurde den in München gedrehten Geschichten um die Bewohner in einem fiktiven Kölner Stadtteil ein Relaunch verordnet: überarbeiteter Look, glaubwürdigere Geschichten und neue Gesichter sollten die Serie aus dem Quotentief holen. Vergebens. Der „Marienhof“ verharrt bei 8,6 Prozent Marktanteilen, vor zehn Jahren waren es 15,5 Prozent. „Die Geschichten haben laut Marktforschung aber ein noch höheres Identifikationspotenzial, als es in den Jahren davor der Fall war“, verweist Müller-Elmau. Man habe es nur nicht ausreichend verstanden, dem „Marienhof“-Zuschauer sein unabdingbares „Marienhof-Feeling“ wieder komplett zu geben. Mit Dramaturgen der ersten Stunde und neuen Autoren soll der Zuschauer „seinen Marienhof“ in den Geschichten ab August wieder besser finden.

Ihren „Marienhof“, ihre tägliche Serie – vielleicht gibt es das für die geschätzt 30 Millionen soapaffinen Zuschauer in Deutschland gar nicht. Sicher, es gibt Leute, die „ihre“ Soap zum Teil ihres Lebens machen und Jahrzehnte damit leben, sagt Medienforscherin Maya Götz. Sehr wahrscheinlich ist aber auch, dass kaum jemand länger als sechs bis sieben Jahre eine Soap verfolge, die für eine Zielgruppe von 14- bis 20-Jährigen ausgelegt ist. Dann findet meistens ein Generationswechsel statt.

Damit hat die ebenfalls 1992 gestartete RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) offenbar keine größeren Probleme, trotz diverser Neuausrichtungen und der Tatsache, dass im vergangenen Winter bis zu elf tägliche fiktionale Serienformate um die Gunst der Zuschauer buhlten, von „Rote Rosen“ (ARD) und „Hanna“ (ZDF) am Nachmittag bis hin zu „Unter uns“ (RTL), „Marienhof“, „Eine wie keine“ (Sat 1) oder eben „GZSZ“ am frühen Abend. Der Soap-Veteran „GZSZ“ kommt auf rund 22 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe und insgesamt auf über drei Millionen Zuschauer täglich. „Dabei sieht ,GZSZ‘ heute komplett anders aus als vor zehn Jahren“, sagt Rainer Ruppert, „GZSZ“-Producer von Grundy-Ufa-TV- Produktion. „Wir machen alle zwei, drei Jahre einen Komplett-Relaunch, hängen das dann aber nicht an die große Glocke.“ Im Heer der Daily Soaps müsse man sich als Format noch deutlicher gegeneinander abgrenzen, über eine besondere Verortung nachdenken. Die in Potsdam-Babelsberg gedrehte Soap habe sich, so Rupert, seit 2007 zu einer Art „Metropolen-Daily“ gewandelt, mehr mit dem Fokus auf sozialen Alltag in Großstädten.

Diesen Anspruch hatte der „Marienhof“ auch mal. Von der täglichen „Lindenstraße“ war bei der Seifenoper aus dem kleinbürgerlichen Milieu lange die Rede. Alkoholismus, Existenznöte, Ehekrisen – das sieht bei der „Lindenstraße“ am Sonntagabend zurzeit überzeugender aus.

„Marienhof“, Freitag, 18 Uhr 25, ARD

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