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Gibt Gas. Im Interview mit der „Grazia“ darf Jürgen Klopp ungestört von seinem Opel schwärmen. Dass er für das Unternehmen wirbt, wird nicht erwähnt.

© Repro: Tsp

Im "Grazia"-Interview: Jürgen Klopp fährt durch die Schleichwerbungszone

Der Borussia-Dortmund-Trainer schwärmt von seinen Autofahrten auf Sylt. Dass er Markenbotschafter des Herstellers ist, erwähnt er nicht.

Jürgen Klopp gibt sich entspannt. Er trägt Jeans und Sneaker, die Haut ist gebräunt, die Haartransplantation wie vom Wind zerzaust, lässig posiert er vor dem Wagen, im Hintergrund sind die Dünen Sylts zu sehen. Der Borussia-Dortmund-Trainer macht Urlaub auf der Insel, trotzdem darf eine „Grazia“-Redakteurin zum Interview vorbeikommen. Klopp schwärmt ihr von der Insel vor – und wie er sich auf ihr fortbewegt: „Wir gehen hier viel spazieren, aber fahren auch mit dem Auto. Wir haben hier einen Opel Adam – der ist so klein, dass er in jede Parklücke passt und der Hund trotzdem noch Platz hat.“

Schöner hätte diesen Satz wohl auch kein Werbetexter formulieren können, doch steht der Satz nicht in einer Anzeige, sondern im redaktionellen Teil des Modemagazins. „Grazia Exklusiv“, „Mit Kloppo im Urlaub auf Sylt“, lautet der Titel über dem Interview, das in der aktuellen Ausgabe erschienen ist. Dass Klopp sogenannter Markenbotschafter für die Automarke ist, also viel Geld dafür bekommt, sie positiv zu präsentieren, verschweigt das Modemagazin. Auch wird nicht erwähnt, dass das Interview im Rahmen eines PR-Termins entstanden ist. Dafür hat „Grazia“ als Aufmacherfoto das Werbebild vom am Auto lehnenden Klopp gewählt; die Passage, in der Klopp den Wagen lobt, als einzigen Textteil auf der Seite blau unterlegt.

„Das ist Schleichwerbung par excellence“, sagt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbands (DJV). „Die Redaktion hätte die Passage unbedingt beim Redigieren streichen und andere Bilder verwenden müssen.“ Auch Edda Kremer vom Deutschen Presserat sagt: „Eine solche Form der Berichterstattung ist sicher diskussionswürdig.“ Werbung müsse strikt getrennt werden von redaktionellen Inhalten, das schreibe der Pressekodex vor. „Und diese journalistischen Regeln gelten für alle Magazine, da darf kein Unterschied zwischen Nachrichten- oder Modemagazin gemacht werden“, sagt Zörner. Wer sich als Medium nicht daran halte, verspiele seine journalistische Glaubwürdigkeit.

"Da ist der Redaktion ganz klar ein Fehler unterlaufen"

„Grazia“-Chefredakteurin Claudia ten Hoevel will sich zu diesem Vorwurf nicht äußern und auch nicht dazu, ob das Interview und die wenige Seiten später folgende doppelseitige Opel-Anzeige an Klopps Aussage gebunden war. „Da ist der Redaktion ganz klar ein Fehler unterlaufen. Solche Interviews entsprechen nicht der gängigen Praxis der ,Grazia‘", sagt Jonas Schmieder, Sprecher der Mediengruppe Klambt, die die „Grazia“ zusammen mit Gruner + Jahr herausgibt. Ein Opel-Sprecher teilt lediglich mit, dass der Autokonzern „die journalistische Unabhängigkeit respektiere und keinen Einfluss auf die redaktionelle Bildgestaltung oder -auswahl nimmt“.

Klopps Agentur Projekt b versichert, dass es von den Unternehmen keine Vorgaben gebe, wann, wo und wie oft der Trainer in Interviews die Marken nennen müsse. Aber als Botschafter stehe er hinter den jeweiligen Marken. Deshalb sei es selbstverständlich, dass er diese bei einem PR-Termin wie mit der ,Grazia‘ erwähne. Anders sei die Sache bei Interviews, bei denen es um die sportliche Leistung gehe.

Auch ein Artikel im "Guardian'" sorgte für Irritationen

Klopp wirbt für die Automarke, für einen Elektronikkonzern, eine Bank und einen Sportartikelhersteller – und hat kürzlich mit einem anderen Artikel Irritationen hervorgerufen. Vor dem Champions-League-Finale gegen den FC Bayern Ende Mai war in der britischen Zeitung „The Guardian“ ein Text über den Trainer erschienen, unter dem stand: „Jürgen Klopp is proud to wear Puma – who are also Partner of Borussia Dortmund“, Jürgen Klopp ist stolz, Puma zu tragen – ein Partner von Borussia Dortmund. Ein solches Gegengeschäft zwischen Zeitung und Unternehmen sei durchaus üblich, sagte damals ein „Guardian“-Sprecher. Die Zeitung bekomme ein Interview mit einem Sportstar, dafür werde das Unternehmen erwähnt. Ähnliches habe es bei Sprinter Usain Bolt und Fußballern wie Cesc Fabregas oder Marco Reus gegeben.

Dass Redaktionen immer mehr unter Druck stünden und sich womöglich auf solche Gegengeschäfte einließen, um Prominente im Blatt zu haben und dadurch im Wettbewerb besser dazustehen, „darf nicht die Entwicklung sein“, warnt Edda Kremer vom Presserat. Gegen das „Grazia“-Interview liegt bisher keine Beschwerde vor, aber ähnliche Fälle wie zuletzt in einem deutschen Magazin und einer Tageszeitung hat die Institution bereits verurteilt. So sprach der Presserat eine öffentliche Rüge gegen ein Magazin wegen Schleichwerbung aus, das über die Schmuckkollektion von Barbara Becker berichtet hatte. 2012 wurde eine Missbilligung gegen eine Zeitung ausgesprochen, weil in einem Interview mit Fußball-Bundestrainer Joachim Löw der Name einer Kosmetikmarke häufig genannt worden war. In so einem Fall kann die Werbekampagne dann schnell nach hinten losgehen.

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