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Lippenlesen. Die Zwillinge Lisa und Lena, 14, sind Deutschlands Instagram-Königinnen. Mit ihren Kurzvideos, in denen sie zu Popsongs selbst einstudierte Choreografien tanzen, haben die Stuttgarterinnen über zehn Millionen Fans bei Instagram.

© dpa

Facebook greift Snapchat an: Der Kampf von Social Media um die Gunst der Jugend

Snapchat, Instagram und viele, viele „Stories“ – Facebook kümmert sich deutlich stärker um den Nachwuchs. Und profitiert dabei von der Lust am Geschichtenerzählen und Teilen.

„Wenn man auf die Straße geht und Leute trifft, hängen sie meistens am Smartphone“, sagt Quentin. Der 17-jährige Gymnasiast klingt genervt. „Ich hoffe, dass der Social Media Trend ein wenig zurückgeht. Meine Hoffnung ist, dass das Handy öfter liegen gelassen und gemeinsam die Zeit genossen wird.“ Wie beliebt ist Social Media wirklich? Welche Sozialen Netzwerke werden von Jugendlichen eigentlich am meisten genutzt?

Da war in jüngster Zeit vor allem von Snapchat die Rede, der kostenlose Instant-Messaging-Dienst, bei dem via Smartphone und Tablet Fotos nur kurze Zeit sichtbar sind und sich dann quasi selbst „zerstören“. Snapchat war 2016 in den USA bei Teenagern das beliebteste soziale Netzwerk, Facebook landete abgeschlagen auf Rang vier. In Deutschland war Snapchat 2016 bei den Zehn- bis 19-Jährigen laut JIM-Studie (Studienreihe „Jugend, Information, Multi-Media“) nach WhatsApp mit 95 Prozent und Instagram mit 51 Prozent auf dem dritten Rang mit 45 Prozent der regelmäßig genutzten Kommunikationsangebote. Facebook erreichte nur noch 43 Prozent.

„Facebook wurde definitiv überholt“, sagt Quentin. Sein Freund Andreas, 18, stimmt zu. „Ich nutze es nur noch, wenn ich mir lustige Videos anschauen will. Instagram und Snapchat sprechen mich mehr an.“ Auch die Journalistin und Online-Expertin Nina Trippel hat privat kein Facebook: „Mir gefällt die Benutzeroberfläche nicht.“ Sie betreibt zusammen mit Sven Hausherr seit sechs Jahren den Online-Newsletter „Cee Cee“. Jeden Donnerstag berichten sie über Berliner Restauranttipps, Kulturhighlights und Einkaufsmöglichkeiten. „Hiermit sind wir natürlich auch auf Facebook und Instagram vertreten“, so Trippel.

Snapchat und Instagram, darum scheint sich unter Jugendlichen also alles zu drehen. Berichte, die nach 24 Stunden wieder verschwinden, lustige Filter, eine „Stories“-Funktion und Face-to-Face- Kommunikation: Das sind die beliebten Funktionen, die zunächst einmal Snapchat liefert und Facebook schon längst haben wollte. Nachdem Snapchat 2013 ein Übernahmeangebot von Facebook ablehnte (Instagram und WhatsApp wurden schon aufgekauft), handelte das Unternehmen von Mark Zuckerberg nach dem Motto „if you can’t buy it, copy it“, führte „Instagram Stories“ und „WhatsApp Stories“ und ein.

Man muss sich ja nur mal bei seinen Kindern auf den Smartphones umschauen

Der Bewegtbildmarkt boomt. Online-Video bezeichnete Mark Zuckerberg als „Mega-Trend“. Nach der ARD/ZDF-Onlinestudie schauen 86 Prozent der Internetnutzer in Deutschland Online-Videos. Google, Facebook, Amazon, Twitter und Co. ziehen in die Schlacht um Aufmerksamkeit und Werbeumsätze. Lange Zeit schien es so, als ob der Newcomer Snapchat die Nase vorn haben könnte. Entscheiden werden es die Teenager und die Experten, die Dienstleister, die die Vorlieben der Teenager kennen.

Man muss sich ja nur mal bei seinen Kindern auf den Smartphones umschauen, was da abgeht. GIF ist das Zauberwort: ein grafisches Austauschformat, kurze, oft lustige Bilder-Animationen (zu Katzen, Hunden, Trump etc.), die man ins Internet hochladen beziehungsweise via WhatsApp verschicken kann. „GIFs sind immer eine schöne Art, um Aufmerksamkeit zu generieren. Auch Videos sind nach wie vor das Beste, um über Events zu berichten“, sagt die Online-Expertin Nina Trippel.

So auch beim Online-Newsletter „Cee Cee“. „Wir spielen alle Themen aus unserem Newsletter auch über Instagram. Bei Facebook posten wir einen Tipp des Tages. Es ist auch ein wichtiges Medium, wenn wir Events machen. Diese legen wir dort als Veranstaltung an und laden unsere Community ein.“ Rund 30 000 Abonnenten haben sich bei „Cee Cee“ registriert.

Snapchat könnte bei „Cee Cee“ bald eine größere Rolle spielen, wenn man sich die Beliebtheitsumfragen ansieht. Snapchat hatte mit seinen „Stories“ – die Erstellung einer Geschichte aus Fotos, Bildern oder Videos – das richtige Gespür. Ein Börsengang ist geplant, um den rasanten Wachstumskurs beizubehalten.

Instagram kann bereits 200 Millionen „Stories“-Nutzer ausweisen

Aber auch Facebook hat sich mit Instagram in Stellung gebracht und möchte nicht das Image eines Sozialen Netzwerks für Ältere angeheftet bekommen. „Wir wachsen kontinuierlich, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehen wir weiterhin intensive und steigende Facebook-Aktivität. Bei der Mediennutzung stehen je nach Alter und Lebenssituation unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse im Vordergrund“, sagt ein Sprecher von Facebook. „Mit unseren Apps, wie Facebook, Instagram und WhatsApp, bedienen wir ein breites Spektrum von Bedürfnissen.“

Stichwort Instagram. Die Sache mit den Snapchat-„Stories“ hat Mark Zuckerberg definitiv inspiriert. Mit seiner Foto-Tochter Instagram und der Einführung des Features „Stories“, das Snapchats Format praktisch eins zu eins kopierte, landete der Facebook-Chef im Sommer 2016 einen Coup. Bilder oder Videos können zu einer Slideshow aneinandergereiht werden, die nach 24 Stunden wieder verschwindet.

Neueste Zahlen sagen aus: Instagram kann bereits 200 Millionen „Stories“-Nutzer ausweisen (ein Anstieg von 33 Prozent zum Januar), während Snapchat seine Investoren kurz vor dem Börsengang über 160 Millionen täglich aktive Mitglieder informierte. Und Instagram macht Geschichten wie die mit den Zwillingen Lisa und Lena, 14 – Deutschlands Instagram-Königinnen. Mit Kurzvideos, in denen sie zu Popsongs selbst einstudierte Choreografien tanzen und synchron die Lippen bewegen, haben die Stuttgarterinnen über zehn Millionen Fans bei Instagram.

Es sieht nicht so aus, als ob Jugendliche ihr Smartphone aus der Hand legen. Man darf gespannt sein, welche Funktion sich wiederum Snapchat als Nächstes einfallen lässt.

Catharina Schick

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