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Kampagne auf Twitter: #SchauHin - gegen Rassisten und Hashtag-Räuber

Seit gut einem Jahr wird unter #SchauHin gegen Alltagsrassismus getwittert. Immer wieder gibt es Versuche, das Hashtag zu kapern. Was lässt sich dagegen tun?

Von Matthias Meisner

Es war ein Coup. Binnen eines Wochenendes machte das Hashtag #YallaCSU auf Twitter Furore – jene Protestaktion im Kurznachrichtendienst also, mit dem gegen eine Deutschpflicht-Initiative der Christsozialen vor deren Parteitag erfolgreich Stimmung gemacht wurde. Mit einer Mischung aus Begeisterung und vielleicht auch ein wenig Neid haben das die Erfinder eines anderen Twitter-Hashtags verfolgt und begleitet: #SchauHin, einer vor einem Jahr gestarteten Initiative, mit der Erfahrungen von Alltagsrassismus in Deutschland gesammelt werden. Ziel ist aufzuzeigen, dass Rassismus in Deutschland nicht ausdrücklich rechtsradikale Formen annimmt. Die Initiative ist bei Twitter als auch auf Facebook aktiv.
„Wir fanden das sehr gut und haben dazu auch durch unsere Kanäle Artikel geteilt, mitgetwittert und retweetet“, sagt Hengameh Yaghoobifarah zur #YallaCSU-Initiative. Die freie Autorin und Journalistin gehört zum Team der Initiative und weiß, dass es mit Kampagnen im Internet nicht immer so glatt und reibungslos läuft wie jetzt bei der Anti-CSU-Kampagne oder Anfang 2013 bei der Aktion #Aufschrei, mit der eine große Sexismus-Debatte in Deutschland angestoßen wurde.
Zwar läuft #SchauHin nach Angaben der Initiatoren „sehr gut“. Ein Verein ist im August gegründet worden, neben den Aktivitäten in den sozialen Netzwerken gibt es Story Salons, einen Videokanal, es wird gebloggt. Doch die Initiative, die vor gut einem Jahr gestartet wurde, hat damit zu kämpfen, dass es immer wieder Versuche von Rechtsradikalen gibt, sie zu kapern. Wer auf Twitter im Suchfeld #SchauHin eingibt, findet nicht nur den offiziellen @schauhin-Account, sondern eine ganze Reihe von optisch auf den ersten Blick ganz ähnlichen Initiativen. Die twittern dann allerdings nicht gegen Rassisten , sondern betreiben genau das Gegenteil. „Raubüberfall auf Weihnachtsmarkt – Frau schwer verletzt. Du darfst raten, wer so etwas macht“. Oder: „Jeden Tag 200 neue Flüchtlinge. Die sind natürlich alle verarmt, traumatisiert und stammen aus Kriegsgebieten.“

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„Die Rassisten waren schon von Anfang an dabei“

Hengameh Yaghoobifarah sagt dazu: „Die Rassisten waren schon von Anfang an dabei.“ Sie hätten versucht, die im öffentlichen Raum stattfindende #SchauHin-Diskussion entgleisen zu lassen. Das mache sichtbar, „wie stark People of Color und schwarze Menschen in Deutschland täglich Rassismus aller Art abbekommen.“ Entlarvt werde dabei auch das Rassismusverständnis vieler „weißer Deutscher“, sagt Yaghoobifarah.
Der Kampf gegen den Missbrauch des Hashtags gestaltet sich als nicht ganz einfach. Von Facebook wurde die #SchauHin-Initiative mit einem Häkchen verifiziert. Bei Twitter ist das noch nicht geschehen, obwohl aus Sicht der Initiative alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Twitter wurde eingeschaltet, von Problemen mit dem Logo-Klau berichtet. Der Kurznachrichtendienst, so verlangt die Initiative, müsse „alle rassistischen Accounts löschen und härtere Konsequenzen für Urheberrechtsverletzungen setzen“. Derzeit aber wurden nur einzelne Tweets gelöscht „und es ist sehr mühselig, jeden Tweet einzeln zu melden“.
Auf ihrer Internetseite hat #SchauHin ein paar Lieblingstweets zusammengestellt. „Wenn ich gefragt werde, ob ich wieder ,nach Hause’ gehe“, schreibt einer. Oder: „Wenn ich erfolglos eine WG suche und mir dann geraten wird, in Emails einen deutschen Namen statt den eigenen anzugeben“. Ein Mann aus Köln twittert: „Auf Ämtern geduzt zu werden, nur weil man einen türkischen Namen hat.“

Die #SchauHin-Initiative ist ein Zusammenschluss von People of Color, schwarzen Menschen, Muslimen und Juden; sie kommen aus den Bereichen Journalismus, Sozialwissenschaften, Kunst und gesellschaftlichem Aktivismus. Angestiftet wurde das Projekt von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Zum Start vor gut einem Jahr erläuterte Mitinitiatorin Jamie Schearer, die sozialen Medien seien „ganz wichtige Tools, um Aufmerksamkeit für Themen für Rassismus, Sexismus oder andere Antidiskriminierungsformen zu schaffen“. Antirassistische Aktivisten habe es auch vorher gegeben. „Neu ist, dass mehr und mehr Leute die neuen Medien nutzen und dadurch mehr Aufmerksamkeit auf Phänomene wie Alltagsrassismus und Rassismus generell lenken können.“

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Ein Hashtag wie #nonazis kann wegen seiner Eindeutigkeit kaum gekapert werden, so wie es mit #SchauHin wiederholt probiert wird. Dennoch ist die Initiative überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Yaghoobifarah begründet: „Denn es sind ja nicht nur Nazis, die rassistisch sind, sondern viele Strukturen hier in Deutschland, die sogenannte Mitte der Gesellschaft und selbst der weiße linke Typ von nebenan.“

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