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Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht verstärkt die Polizei die Präsenz am Hauptbahnhof.

© dpa/Maja Hitij

Köln und die Folgen: Müssen die Medien ihre Berichterstattung ändern?

Welche Konsequenzen ergeben sich für die Medien aus den Ereignissen von Köln? Was Peter Hahne, Karola Wille, Frank Überall, Caren Miosga, Peter Kloeppel und Bascha Mika dazu sagen.

Haben die Medien auf die Ereignisse in der Silvesternacht angemessen reagiert? Muss sich die Berichterstattung nach Köln verändern – und wenn ja, wie? Diese Fragen haben wir sechs Medienmachern gestellt.
Peter Hahne, ZDF-Moderator: „Sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten“ – dieses Hanns- Joachim-Friedrichs-Motto nennen Journalisten gerne, wenn sie sich gegenseitig Preise verleihen. Bei „Köln“ scheint der Grundsatz außer Kraft gesetzt: Investigativ recherchieren, alle Informationen präsentieren.

Peter Hahne
Peter Hahne

© picture alliance / dpa

„Wir wollten vermeiden, dass Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt werden“, redet man sich’s schön. Dumm nur, dass man damit das ganze Volk unter Generalverdacht stellt, nicht differenzieren zu können. Dabei ist es doch gerade Aufgabe von Journalisten, neben der Information Hilfen zur Einordnung zu geben. Ex-ZDF-Intendant Markus Schächter sprach von „Leuchttürmen“, die Licht in das Nachrichtengewirr zu bringen haben. Wer verschleiert, spielt den falschen Leuten in die Hände. Allein die Wahrheit ist die beste Waffe gegen Verschwörungstheorien.

Karola Wille, ARD-Vorsitzende
Karola Wille, ARD-Vorsitzende

© picture alliance / dpa

Karola Wille, Intendantin des MDR und ARD-Vorsitzende: Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass Journalisten Gegenstand von Hass und sogar körperlichen Attacken werden würden. In einer solchen Zeit ist das Bedürfnis nach einordnendem und glaubwürdigem Journalismus so groß wie selten zuvor. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind hier ganz besonders gefordert. Wir müssen erklären, was ist, und die Werte vermitteln, die im Grundgesetz stehen. Dabei geht es um viel: um die Stabilität der Gesellschaft und um das, was uns zusammenhält.

Frank Überall
Frank Überall

© dpa

Frank Überall, Bundesvorsitzender Deutscher Journalisten-Verband: Bis das Ausmaß der Kölner Übergriffe überregional bekannt und überprüft werden konnte, dauerte es seine Zeit. Ersten Hinweisen in den sozialen Netzwerken stand die behördliche Desinformation gegenüber. Das Dickicht musste von recherchierenden Journalisten durchbrochen werden. Und richtig ist auch, dass die Tragweite der Ereignisse nicht von allen Redaktionen von Anfang an erkannt wurde. Die Ereignisse haben gezeigt, wie wichtig es ist, qualifiziertes Personal in den Redaktionen vorzuhalten. Wo staatliche Behörden eine Politik der Desinformation verfolgen, ist hartnäckige Recherche wichtiger denn je.

Caren Miosga, ARD
Caren Miosga, ARD

© picture alliance / dpa

Caren Miosga, „Tagesthemen“-Moderatorin: Die Frage ist meiner Ansicht nach eher, wie wir den Begriff der Pressefreiheit verstehen. Er ist uns einerseits Verpflichtung, wahrheitsgemäß zu informieren und das Relevante in den Vordergrund zu stellen. Er verlangt uns andererseits aber auch Verantwortung ab, eine Instrumentalisierung durch Rechtsextreme nicht noch zu befördern. War es relevant, dass diese Taten überwiegend von Menschen aus Nordafrika begangen worden sind? In diesem Fall ja. Fördert diese Berichterstattung Rassismus? Nein, nicht, wenn wir die Tatsachen einordnen und Hintergründe erläutern.

Peter Kloeppel, RTL
Peter Kloeppel, RTL

© RTL

Peter Kloeppel, Chefmoderator „RTL Aktuell“: Unabhängig vom Ereignis legen wir bei der Nachrichten- Berichterstattung immer die gleichen Maßstäbe an. Dabei geht es vor allem um Relevanz, Aktualität, Neuigkeitswert und die vom Vorhandensein von Bildern geprägten Darstellungsmöglichkeiten. Die Vorfälle in Köln haben deshalb bei uns kein Umdenken über unsere Standards und Formen der Berichterstattung ausgelöst – vielmehr haben sie erneut unsere Sinne geschärft für unsere Aufgabe als Journalisten. Denn die beinhaltet neben der objektiven Darstellung auch die Pflicht zur Einordnung und Bewertung eines Vorganges. Dafür bedarf es einer staatsbürgerlichen Haltung – Meinungsjournalismus, der sich noch dazu am Wind der öffentlichen Diskussion ausrichtet, gehört nicht dazu.

Bascha Mika, Frankfurter Rundschau
Bascha Mika, Frankfurter Rundschau

© picture alliance / dpa

Bascha Mika, Chefredakteurin „Frankfurter Rundschau“: Im guten Journalismus sollte es zugehen wie in einem guten Haushalt: Um Qualitätsstandards zu halten, muss ständig überprüft, sauber gemacht und entmüllt werden, altes Inventar wird entsorgt, neues rangeschafft. Nach Köln braucht es vielleicht einen Hausputz – mehr aber nicht.

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