zum Hauptinhalt
Am Montag moderierte Friedrich Küppersbusch zum ersten Mal die WDR-Sendung "Tagesschaum".

© Tsp

Küppersbusch "Tagesschaum": Nachtgedanken auf Speed

Er hatte sich vom Moderieren verabschiedet, nun ist er zurück im Fernsehen: Friedrich Küppersbusch. Im "Tagesschaum" im WDR kommentiert er drei Mal in der Woche die Themen des Tages. Und er zeigt: Er kann es noch. Aus dem wütenden jungen Mann ist ein wütender Mann mittleren Alters geworden.

Manchmal muss man als Fernsehkritiker sogar Glück haben – Glück und eine Redaktion, die einen verschont, so wie am vergangenen Samstag, als ich nicht eingeteilt wurde, um über die Sommer-Ausgabe von „Wetten, dass...?“ zu schreiben. Ich habe es mit dann trotzdem angeschaut und nach fünf Minuten die Kollegen bedauert, die daraus dann einen Text machen mussten, denn alles, was mir im Laufe der Sendung einfiel, waren die letzten Worte von Colonel Walter E. Kurtz in dem Film „Apocalypse Now“: „The Horror! The Horror!“

Ich wurde eingeteilt für Montagabend, 23 Uhr 15, WDR, „Tagesschaum“, die Rückkehr des Moderators Friedrich Küppersbusch, der vor 15 Jahren das letzte Mal vor einer Kamera stand und seitdem hauptsächlich fürs Fernsehen produziert: Katrin Bauerfeind zum Beispiel oder "Das Duell" auf n-tv. Seine Firma Probono zeigt außerdem mit „log in“ im Spartenkanal ZDFinfo, wie man das Fernsehen mit dem Internet versöhnt. Aber offenbar hat all das Küppersbusch nicht gereicht – warum sollte er also zurückkehren?

1990 übernahm er die Moderation des Politmagazins „Zak“, damals war er 29 und der wütendste junge Mann im deutschen Fernsehen. Seine Wut versteckte er jedoch hinter Ironie, hinter einer Haltung – seine Fragetechnik gegenüber Gästen war zudem eine Sensation. Den CDU-Politiker Rudolf Seiters fragte er einmal: „Sie heißen Rudolf, ihr Bruder Adolf – und wie waren ihre Eltern sonst so drauf?“ Da moderierte einer, der mit den Verhältnissen nicht einverstanden war.

Daran scheint sich nichts geändert zu haben, aus dem wütenden jungen Mann, ist ein wütender mittelalter Mann geworden, Küppersbusch 52 – für dreimal in der Woche 13 Minuten bis zur Bundestagswahl reicht das allemal, allerdings stellt er sich selbst nach der langen Bildschirmabstinenz mit den Worten vor „hier ist der gute Onkel“, ein paar Minuten später meint er, er sei „ein Sozialkundelehrer ohne Haare“, aber natürlich ist er zum einen eine Erinnerung an das, was aus dem Fernsehen einmal hätte werden können, zum anderen ist er ein Lückenfüller, und zwar für die vielen, kleinen Lücken im Programm.

Rasend schnell kommentiert Küppersbusch den Tag, der war, dabei verhält er sich wie jemand, der keine Hoffnung mehr hat, dass es besser wird, der aber weiß, dass man die meisten Dinge ertragen kann, wenn man sie mit Spott betrachtet. In der ersten Ausgabe waren das unter anderem Peer Steinbrücks Kompetenzteam und die Entlassung seines Pressesprechers, das Drohnen-Debakel, der NSA-Skandal. Vorfeld meinten einige, die Sendung sei „Tagesschau“ auf Koks, aber das stimmt natürlich nicht. „Tagesschaum“ sind Kulenkampffs „Nachtgedanken“ auf Speed.

Natürlich könnte man auch ein bisschen rummäkeln – zwei Themen zu viel, falscher Hang zur Rubrizierung (Redaktionskrankheit, meist überflüssig), aber nachdem, was das Fernsehen am Wochenende den Zuschauern angetan hat, sei das geschenkt.

Wir Fernsehkritiker wollen nämlich gar nicht immer alles schlecht finden. Wir wollen loben und rühmen und „Mehr!“ rufen. Wir wollen uns nach wie vor begeistern lassen von dem Medium, das noch so viele Möglichkeiten hat und das manchmal so faul zu sein scheint, wie die Zuschauer. Die Rückkehr des Moderators Friedrich Küppersbusch lässt all das zu. Was für ein Glück.

Auf Youtube ist Küppersbusch über den Tagesschaum-Kanal zu sehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false