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Beim Mainzer Karneval wurde Wladimir Putin in diesem Jahr definitiv in freien Strichen gezeichnet.

© Fredrik von Erichsen/dpa

Update

"Machtmensch Putin": Hat das ZDF Teile einer Doku über Wladimir Putin frei erfunden?

Bei einer ZDF-Dokumentation über Putin soll es laut russischem Staatsfernsehen nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Das Zweite sieht das anders.

„Arme Deutsche“. Ausnahmsweise meinte Dmitri Kisseljow, der Chef der Staatsholding für Auslandspropaganda, der im russischen Staatsfernsehen sonntags zur besten Sendezeit den politischen Wochenrückblick moderiert, nicht die Lasten, die Bundesbürgern bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zugemutet werden, sondern das Fernsehprogramm.

Der am vergangenen Dienstag ausgestrahlte ZDF-Film „Machtmensch Putin“, sei keine Dokumentation, wie vom Sender angekündigt, sondern eine „Kino-Schmonzette“, bei der zumindest die Episode aus dem Donbass – den Separatistengebieten in der Ostukraine – über weite Strecken frei erfunden sei.

Aufgehängt ist die Story an einem angeblichen Freiwilligen aus Russland, der angeblich aufseiten der Separatisten kämpft und angeblich Igor heißt. An den Kampfhandlungen, belehrt der Sprecher im Off die Zuschauer, würden viele Berufssoldaten der russischen Armee teilnehmen.

Allein in seinem Bataillon, erzählt dann Igor selbst, würden 400 bis 500 Mann kämpfen, an der gesamten Front bis zu 30 000 russische Soldaten. Auf deren Uniformen indes prangen deutlich sichtbar Abzeichen mit der gelbblauen ukrainischen Flagge.

Das ist vergleichsweise harmlos, wenn stimmt, was das russische Fernsehen behauptet. Dessen Reporter haben „Igor“, der in Wahrheit Juri Labyskin heißt, in seiner Wohnung in Kaliningrad interviewt. Er habe, so Igor, in dem ZDF-Film gelogen und ein Drehbuch der Autoren abgearbeitet. Dafür habe ihm der Producer eine Gage von 50 000 Rubel – das sind 650 Euro – versprochen. Der Producer „Bob“ (es handelt sich um den Exilrussen Waleri Bobkow) und der Autor, ZDF-Journalist Dietmar Schumann, hätten das Drehbuch mit ihm abgesprochen.

Mehrere Szenen seien mehrfach gedreht worden

So erzählte es Igor dem russischen Fernsehen. „Bob“ habe auch bei den Dreharbeiten im Donbass Regie geführt. Mehrere Szenen seien mehrfach gedreht worden. Bob habe ihm gezeigt, wie man effektvoll mit einem Maschinengewehr auf dem Rücken durch das Bild läuft.

Umstritten: Die ZDF-Doku „Machtmensch Putin“.
Umstritten: Die ZDF-Doku „Machtmensch Putin“.

© Tsp

Die eigentlichen Interviews, bei denen „Igor“ vor grauem Tuch posiert, sollen, wie das russische Fernsehen behauptet, im Moskauer ZDF-Studio gedreht worden sein. „Wir“, sagt dort ein Mitarbeiter, „haben mit der Produktion nichts zu tun gehabt.“ Zuständig sei die Pressestelle in Mainz.

Dort hieß es am Montag: Die Vorwürfe gegen die ZDFzeit-Doku entbehrten jeglicher Grundlage. „Das Interview mit dem russischen Freiwilligen war weder vorher geprobt noch in seinem Verlauf abgesprochen. Er hat im Gegenteil aus freien Stücken und ausführlich erklärt, wie und warum er in die Ostukraine ging. Ebenso unhaltbar ist der Vorwurf, rund um das Interview sei etwas inszeniert worden. Der russische Freiwillige hat im Interview, das im ZDF-Studio Moskau geführt wurde, den Sachverhalt genauso dargestellt, wie das ZDF es gesendet hat. Unser Rohmaterial bestätigt das in vollem Umfang.“

Mit der Wahrheit nicht so genau genommen

„Igor“ legte in seinem Interview für das russische Fernsehen besonderen Wert auf die Feststellung, wonach Autor Schumann die Antworten lange mit ihm geübt hätte. Kernsätze seien schriftlich formuliert worden. Frei erfunden sei auch die Story von Frau und Kind, die „Igor“ allein zurückließ, um für Ruhm, Mutter Heimat und 30 000 Rubel monatlich in den Kampf zu ziehen. Schon bei dem im Februar ausgestrahlten und für das neue Werk in Teilen recycelten ZDF-Film „Mensch Putin“, mokierte sich der Deutschland-Ableger von Russlands Auslandssender RT, hätten die Mainzelmännchen es mit der Wahrheit nicht so genau genommen.

Damals habe die private Zuschauerinitiative "Ständige Publikumskonferenz" formal Beschwerde eingereicht. Es gab Zweifel an der Authentizität eines Zeitzeugens, der sowohl als Anti-Stasi Demonstrant als auch als Nachbar Putins im Stasi- und KGB-Wohnkomplex in Dresden vorgestellt wurde.

Hinweis: In einer früheren Fassung des Artikels war die "Ständige Publikumskonferenz" fälschlicherweise als öffentlich-rechtlich bezeichnet worden. Die Redaktion bittet um Entschuldigung.

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