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„Scripted Reality.“ Jörg Pilawa kritisiert die Manipulation der Ranglisten. Foto: dpa

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Manipulationen: ZDF-Fernsehratschef: Forschungsgruppe Wahlen soll bei Rankingshows mitarbeiten

Und Moderator Jörg Pilawa kritisiert "Scripted Reality" bei "Deutschlands Beste!"

Jörg Pilawa reiht sich ein in die Reihe der ZDF-Kritiker. Der Fernsehmoderator, zu Jahresbeginn vom ZDF zur ARD gewechselt, hat seinen alten Sender nach den Manipulationen an der Rankingshow „Deutschlands Beste“ hart rangenommen. „Die scripted reality ist jetzt auch in der Unterhaltung angekommen“, sagte der 48-Jährige in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Das Fernsehen entferne sich auf diese Weise vom Zuschauer. Unter „scripted reality“ versteht die Branche Fernsehbeiträge, die dokumentarisch wirken, aber von Drehbuchautoren verfasst werden.

Das ZDF hatte in den zwei Shows „Deutschlands Beste!“ am 2. und 3. Juli die angeblich nach Umfragen beliebtesten 50 Frauen und Männer vorgestellt. Am vergangenen Freitag gestand der Sender ein, dass die Redaktion die Listen gezielt manipuliert habe. Eingeladene Gäste der Shows seien im Ranking nach oben gestuft worden. Das ZDF prüft derzeit „arbeitsrechtliche Konsequenzen“. Möglicherweise werden diese noch in der laufenden Woche getroffen.

Der Skandal um veränderte Rankinglisten im ZDF-Programm betrifft längst nicht mehr die Doppelshow „Deutschlands Beste!. Bei „Unsere Besten – Musikstars aller Zeiten“ 2007 wurde nach Tagesspiegel-Informationen die Zuschauerabstimmung manipuliert, wie ZDF-Sprecher Alexander Stock dem Tagesspiegel bestätigt hatte (siehe Ausgabe vom 16. Juli). Die rechte Band „Böhse Onkelz“ war uneinholbar auf Platz 1 gevotet worden, zum Schrecken des ZDF, das den „Onkelz“ keine Fernsehbühne geben wollte. Bei der Ausstrahlung der Show landete die Band dann auf Platz 25, die Redaktion hatte entsprechend nachgeholfen. Das ZDF habe die „offensichtlichen Blockvotings von Fangruppen herausgefiltert“, sagte Stock. Bei anderen „Besten“-Shows war dieses Voting stets mitgezählt worden.

Der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Ruprecht Polenz, schlug inzwischen vor, bei künftigen Shows mit Umfragen Experten mitwirken zu lassen. „Zu möglichen strukturellen Konsequenzen könnte gehören, dass bei jeder Sendung, in die Zuschauer per Umfrage repräsentativ einbezogen werden sollen, eine Stelle mitwirkt“, teilte Polenz der dpa in Mainz mit. Dies solle eine Institution sein, die mit derartigen Befragungen Erfahrungen habe „wie zum Beispiel die ZDF-Medienforschung oder die Forschungsgruppe Wahlen“.

Der Fernsehratsvorsitzende hatte in einem Schreiben an die Mitglieder des Kontrollgremiums erklärt, der Vorfall habe die Glaubwürdigkeit des ZDF beschädigt. Es müsse Konsequenzen geben, und es müsse auch verlässlich sichergestellt werden, dass sich solche Vorgänge in Zukunft nicht wiederholen könnten. „Hier ist auch der Fernsehrat gefordert“, sagte Ruprecht Polenz. Joachim Huber

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