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MEDIA Lab: Infotainment für junge Leser

Ein Forscherteam hat den deutschsprachigen Zeitungsmarkt untersucht. Vor allem junge Leser wollen demnach unterhalten werden - am besten gratis.

Sterben Tageszeitungen die Leser weg? Diese Frage treibt Zeitungsverleger intensiv um: Auflagenschwund und die Krise des tradierten Finanzierungssystems lassen zivilgesellschaftliche wie politische Stimmen laut werden, um Zeitungen als Institution der Demokratie zu schützen.

Jetzt liefert das Forschungsteam Jörg Hagenah, Birgit Stark und Erwin Weibel aus Deutschland und der Schweiz eine zeit- und ländervergleichende Studie zum Zeitungslesen im deutschsprachigen Raum. Besonders aufmerksam betrachten sie dabei die Effekte von Gratiszeitungen auf den Zeitungsmarkt. Obschon Deutschland, Österreich und die Schweiz jeweils als „Zeitungsländer“ mit hoher Verbreitung der Tagespresse gelten können, werden doch bemerkenswerte Unterschiede sichtbar. Die hohe Bedeutung der Lokal- und Regionalpresse ist typisch für Deutschland. Boulevard- und überregionale Zeitungen machen hier – anders als in der Schweiz und in Österreich – nur einen geringeren Anteil der Nutzung aus. Anders bei den Gratiszeitungen: In der Schweiz sind sie mit „20 Minuten“ und „Blick am Abend“ ein etabliertes Angebot. In Deutschland haben Verleger den Marktzutritt von Gratiszeitungen erfolgreich abgewehrt.

Was bringt der Abwehrkampf gegen Gratisblätter?

Hat dieser Kampf genutzt und die Leserschaft erhalten? Der mit Abstand drastischste Einbruch der Leserschaft findet sich bei den deutschen Regionalzeitungen. Bei jungen Leserinnen und Lesern ist die Reichweite binnen zehn Jahren von 52 auf 37 Prozent gesunken. Boulevard- und überregionale Zeitungen haben sich auf niedrigerem Niveau gehalten. In der Schweiz hat der Erfolg von „20 Minuten“ den Markt beträchtlich durcheinandergewirbelt. Das Gratisangebot geht einerseits zulasten der traditionellen Boulevardzeitungen. Zugleich aber hat sich die Reichweite von Tageszeitungen insgesamt erhöht. Das Infotainment-Angebot der Gratisblätter erreicht damit vor allem eine jüngere Leserschaft, die andernfalls aufs Lesen verzichten würde. Ob sie langfristig Informationsangebote der Verlage zu schätzen wissen, muss sich noch zeigen. Deutlich ist jedoch, dass allein Abwehrstrategien den Bedeutungsverlust der Zeitung nicht stoppen können.

Margreth Lünenborg

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