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Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger. Florian Schroeder hat neben dem Umweltminister auch den Bundespräsidenten Joachim Gauck im Parodie-Repertoire. Foto: RBB

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Neue Satire-Show "Das Ernste": „Politiker sind wie Therapiepatienten“

Das Erste will witzig sein und startet "Das Ernste": Florian Schroeder über die Kunst des Parodierens, Steinbrücks Chancen und viel Geld für Harald Schmidt.

Herr Schroeder, stimmt es, dass Sie vor einem Jahr recht ungehalten waren auf die ARD, weil die nichts für Sie in der Schublade hatten?

Nein, ungehalten war ich nie. Es gab eine Phase, in der ich das Gefühl hatte, nicht die Aufmerksamkeit zu bekommen, die ich mir gewünscht hätte. Das liegt in meiner Geschichte: Ich durfte den segensreichen Fluch des frühen Erfolgs erleben.

Inwiefern?

Mit Mitte 20 eine erste eigene Sendung im Dritten des SWR und eine Show bei 3sat. Man hält in dieser Phase Dinge für selbstverständlich, die es nicht sind. Mit der Zeit lernt man, dass es ups and downs gibt. Das ist völlig normal. Ich habe der ARD viel zu verdanken, von den Anfängen im Hörfunk bis heute. Ich musste erkennen, was kein Lehrer vermitteln kann, aber vielleicht die prägendste Erfahrung meiner Generation ist: Dass Anstrengung und Erfolg oft keine Gleichung ist.

Wie sind Sie aus dem Tal rausgekommen?

Ich habe mit einem guten Bekannten telefoniert, mit Harald Schmidt. Er sagte mal zu mir: „Ruf an, wenn du was wissen willst – und zwar bevor das Kind im Brunnen liegt.“ Das war sehr nett und alles andere als selbstverständlich in der Szene. Ich fragte ihn: Was kann ich tun? Soll ich bei der ARD initiativ werden? Die Frage war natürlich sinnlos, weil Harald damals selbst bei der ARD war und das ganze Geld abgegriffen hat

Nun haben Sie etwas Neues bekommen, die Satire-Parodie-Show „Das Ernste“. Schon gibt’s Unruhe …

Sie meinen den „Spiegel“-Artikel, in dem Olli Dittrich sich darüber beklagt, dass die ARD zwei Jahre über eine ähnliche Parodie-Show mit ihm geredet hat? Um dann mit Florian Schroeder „Das Ernste“ zu machen? Von diesen Gesprächen wusste ich nichts. Ich schätze Olli Dittrich sehr. Es täte mir leid für ihn, wenn das so gelaufen ist. Ich stieß vor einem Jahr zum Projekt hinzu, als die Planungen mit dem aktuellen Ensemble schon in vollem Gange waren.

Satiresendungen haben es ja eh nicht so einfach in der ARD, seit dem Weggang von Dieter Hildebrandt. ARD und lustig? Da runzeln viele die Stirn.

Das mag sein, aber mit uns zeigt die ARD doch, dass es anders geht. Das ZDF war zuletzt sehr innovativ in Sachen Humor, früher, mit Hildebrandt und Carrells „Tagesshow“, war es die ARD, das verläuft vielleicht auch zyklisch. Insgesamt erlebe ich viel Bewegung, auch durch Digitalkanäle. Es gibt eine Generation von Fernsehmachern und Komikern meines Alters, die sitzen in den Startlöchern.

Was oder wie bewegt nun „Das Ernste“? Wie muss man sich die Show vorstellen?

Kurze Sketche und Parodien mit einem Team von jungen sehr guten Parodisten und mir, die ich anmoderiere, zusammen mit dem ehemaligen „Tagesschau“-Sprecher Jo Brauner, der die Kurznachrichten liest. Wir orientieren uns an den „Tagesthemen“.

So richtig traut die ARD dem Comedian-Nachwuchs und Ihnen aber nicht, wenn „Das Ernste“ um Mitternacht läuft.

Ich sehe das eher als Chance. Lieber spät starten und sich nach vorne arbeiten, als zur Primetime verheizt werden. Die Entscheidung, ob und wie wir in Serie gehen, treffen wir zusammen mit der ARD nach der Ausstrahlung des Piloten.

Nun gibt es etwas ähnlich Flott-Satirisches, sehr Erfolgreiches seit ein, zwei Jahren im ZDF: die „Heute-Show“. Kopieren Sie Oliver Welke und sein Team?

Wir sehen uns da überhaupt nicht als Konkurrenz, sondern als neues Haus im Dorf. Wir alle sind Fans der „Heute-Show“, das ist großartig. Ich war dort auch mehrmals zu Gast. Klar, es gibt eine Nähe, durch die Form der Nachrichtensatire. Die Inhalte werden aber ganz anders gefüllt. Warum soll es nicht zwei aktuelle Nachrichten-Satiresendungen nebeneinander geben?

In der ARD-Mediathek sind fünf Minuten von „Das Ernste“ zu sehen. Sie parodieren Joachim Löw, Günther Jauch, nehmen auch Ihre Intendantin Monika Piel aufs Korn. Wie bissig darf ARD-Satire sein?

Sehr bissig, wir wurden sogar ermutigt. Am Ende reden natürlich immer viele Leute auf vielen Ebenen mit, von deren Existenz ich zuvor gar nichts wusste. So ist Fernsehen. Wer das nicht aushält, darf sich auf die Kabarettbühne stellen.

Keine Schere im Kopf?

Im Gegenteil. Wir lösen in unserer Sendung sogar das aktuelle Talkshow-Problem der ARD final, indem wir einfach ihre fünf Talkmoderatoren miteinander talken lassen, jeden Abend, ohne Gäste. Keiner muss gehen, alle sind versorgt.

Sie haben bereits mit 14 bei „Schmidteinander“ Helmut Kohl parodiert.

In der Pubertät habe ich meine Mutter parodiert, und sie mich. Später kamen Lehrer hinzu, Prominente. Parodie ist Arbeit: Recherche, stets auf Ballhöhe sein, wie jetzt für die Show. Da haben wir uns Figuren draufgeschafft, die wir nicht im Repertoire hatten. Bei mir waren es Joachim Gauck und Peter Altmaier.

Sitzen Sie den ganzen Tag vorm Bildschirm und ahmen Politiker nach?

Mittlerweile ist es ein psychologischer Zugang. Ich versuche, jede Person wie einen Therapiepatienten zu verstehen, frage mich: Warum handelt er so? Warum gestikuliert er so? Was sagt er und was verschweigt er, wenn er spricht? Ich bin wie ein Schwamm, sauge jede Geste, jede Haltung auf. Gelungen ist die Parodie dann, wenn die Leute sagen: Geil, so habe ich den Altmaier noch nie gesehen.

Gibt es unparodierbare Menschen?

Hans Eichel wäre da zu nennen, der war so langweilig, überhaupt keine Angriffsfläche. Vielleicht war ich aber damals zu jung, um das Entscheidende zu sehen.

Was ist mit Peer Steinbrück?

Eine hochspannende Figur. Bei ihm kann man viel lernen über die Psychologie von Aufsteigern in der Gesellschaft. Aus relativ einfachen Verhältnissen kommend, entsteht der Ehrgeiz, über sich hinauszuwachsen. Bei Steinbrück manifestiert sich der Abschied von der Ebene in dem etwas angestrengten, selbstherrlichen Intellektualismus, der in der ironischen Ummantelung schnell arrogant wirkt.

Machen Sie bitte mal nach ...

… (parodiert Steinbrück): „Wenn Sie mich das fragen, brauchen Sie mich das gar nicht zu Ende zu fragen, ich weiß sowieso schon die Antwort, bevor sie überhaupt anfangen zu fragen.“ Als ich das verstanden habe, wusste ich, dass Steinbrück als Kanzlerkandidat keine Chance haben wird. Egal, wie kompetent er ist.

Das Gespräch führte Markus Ehrenberg.

Florian Schroeder,

33, Kabarettist, Autor, Kolumnist, Hörfunk- und Fernsehmoderator. Donnerstagnacht, 0 Uhr, moderiert er den Piloten der Satireshow „Das Ernste“ in der ARD.

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