zum Hauptinhalt
Die "Identitäre Bewegung" während einer Radio-Eins-Sendung

© Tsp

Update

Rechtsextreme Gruppe bei RBB-Sendung: Radio-Eins-Sendung von "Identitärer Bewegung" gestört

Aufregung bei einer Live-Sendung von Radio Eins: Minutenlang skandierte die "Identitäre Bewegung" rechte Parolen. Gesprächsgast Jakob Augstein nannte die Gruppe später ein "feiges Pack".

Am Montagabend haben Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" für mehrere Minuten die Live-Veranstaltung "Im Salon" unterbrochen. Der RBB-Sender Radio Eins veranstaltet die Gesprächsreihe zusammen mit der linksliberalen Wochenzeitung "der Freitag".

Bei dem Gespräch des "Freitag"-Herausgebers Jakob Augstein mit der ehemaligen Bischöfin Margot Käßmann im Berliner Maxim-Gorki-Theater ging es auch um das Thema Vollverschleierung. Käßmann habe dabei eine sehr ausgewogene Position vertreten, gegen die Burka, aber auch gegen ein Burka-Verbot, sagte Augstein am Dienstag auf Radio Eins. Mehrere junge Leute, laut Augenzeuge wohl zehn bis zwölf junge Männer, hätten Käßmann und ihn "Heuchler" genannt und die gelbe Flagge der "Identitären Bewegung" herausgeholt.

Die Mitglieder wurden aus dem Saal geleitet. Es sei erschreckend gewesen, so Augstein weiter auf Radio Eins, plötzlich so einer organisierten Einheit gegenüberzustehen. Das seien alles so nett aussehende, adrette junge Leute gewesen: "Wer glaubt, man erkennt den Nazi an kurzen Haaren und schwarzen Springerstiefeln, der irrt sich. Der Nazi sieht heutzutage ganz anständig angezogen aus, der ist der nette Student von nebenan." Am Dienstag äußerte sich Augstein auch bei Twitter zum Auftritt der Rechen. "Das war doch ein feiges Pack", schrieb er.

Die sogenannte "Identitäre Bewegung" habe sich zu der Aktion bekannt und auf Facebook eine Veröffentlichung des Radio-Eins-Mitschnitts angekündigt, teilte der RBB am Dienstag mit. Weiter habe die Gruppierung fälschlich behauptet, Radio Eins sei „Medienpartner“ der Stör-Aktion. Gegen eine mögliche unrechtmäßige Verwendung des gesendeten Materials behalte sich der RBB rechtliche Schritte vor.

Auf Facebook schreibt die "Bewegung" tatsächlich: "Die Identitäre Bewegung Deutschlands dankt ihrem Medienpartner radioeins für die störungsfreie Übertragung der Intervention. In Kürze werden wir den Mitschnitt dazu veröffentlichen."

Auf der Radio-Eins-Homepage ist die Veranstaltung nachzuhören. Der Mitschnitt enthält nicht die Passage, in der rechte Störer die Veranstaltung unterbrochen haben. Das Niederbrüllen einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung sei für Radio Eins und den Rundfunk Berlin-Brandenburg nicht hinnehmbar, so der Sender weiter. "Radio Eins möchte den rechten Störern keine Plattform geben und hat deshalb die Passage aus der Sendung entfernt."

Die Gruppe, die auch schon am Brandenburger Tor auf sich aufmerksam machte, sei in Österreich dadurch aufgefallen, dass sie Theaterbühnen besetze, wenn ihr die Stücke nicht gefielen, sagte Augstein. In Wien störte sie vor einigen Monaten massiv eine Theatervorstellung zum Thema Asyl und Flüchtlinge. In einigen Bundesländern wird die Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet.

Augstein nannte die Bewegung, die sich jetzt offenbar auch in Deutschland ausbreite, die "ideologischen Bodentruppen" der AfD. Er mahnte, sich angesichts der Wahl in Berlin am Wochenende genau zu überlegen, in welche politische Richtung "das gehe". Ihn erinnere der Auftritt der Rechtsextremen an das Berlin der 1930er Jahre.

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert indes die Hörfunk- und Fernsehsender in Deutschland auf, ihre Sicherheitskonzepte für Live-Sendungen auf den Prüfstand zu stellen. „Die Aktion zeigt, dass die Rechtsextremen Live-Sendungen für ihre miesen Propagandatricks nutzen wollen“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Es sei zu befürchten, dass sie auch Live-Sendungen oder Talkshows anderer Sender für ihre Zwecke missbrauchen wollten. Öffentlich-rechtliche wie private Sender müssten genauer hinsehen, wer sich unter das interessierte Publikum mischen wolle.

Zur Startseite