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Repressionen: „Tötet die Spione“

Ein ARD-Team will in China über Umweltprobleme berichten – und wird beim Dreh festgenommen.

In Jiaozuo in der chinesischen Provinz Henan gibt es mehrere Fabriken, die Ortschaft leidet wie viele andere unter Umweltverschmutzung. Ein spannendes Thema, findet ein ARD-Team und reist an, um eine Reportage darüber zu drehen. Doch was dann passiert, das zeigt, wie sehr ausländische Journalisten in China unter Druck gesetzt, in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt werden.

Während das ARD-Team Außenaufnahmen mehrerer Fabriken macht, darunter von der Chemiefabrik Do-Fluoride, wird es gestört. „Sicherheitskräfte von Do-Fluoride unterbrachen unsere Aufnahmen, stellten sich uns in den Weg und nahmen uns dann in Gewahrsam“, heißt es in einer jetzt veröffentlichen Stellungnahme der ARD über den Vorfall, der sich am vergangenen Samstag ereignete.

Offizielle und Arbeiter der Fabrik hätten die Herausgabe des Filmmaterials verlangt. Sicherheitskräfte und Arbeiter der Chemiefabrik Do-Fluoride das ARD-Team festgenommen, in einer Fabrikkantine festgehalten und bedroht. Mehrere Dutzende Fabrikarbeiter riefen „Tötet die ausländischen Spione“, berichtet die ARD. Sie glaubt, dass die Fabrikoffiziellen ihre Arbeiter gezielt desinformiert und die Arbeiter gegen das Fernsehteam aufgewiegelt hätten.

Lokale Polizeibeamte seien eingetroffen und hätten versucht, die Journalisten zu schützen. „Dann stürmten die Arbeiter das Gebäude, überrannten die Polizei, zerstörten Türen, attackierten uns und nahmen unsere Kamera weg“, heißt es in der ARD-Stellungnahme weiter. Ein Sondereinsatzkommando der chinesischen Polizei habe das Team aus der Gefangenschaft befreit – nach neun Stunden. Und nachdem das Fernsehteam das chinesische Außenministerium von dem Vorfall informiert hatte, das offenbar das Sondereinsatzkommando zur Befreiung schickte.

Immer wieder kommt es in den chinesischen Provinzen zu Bedrohungen ausländischer Reporter, die über lokale Missstände wie Umweltverschmutzung, Zwangsumsiedlungen oder HIV-Dörfer berichten wollen. Zuletzt hatten die Repressionen gegen ausländische Journalisten in China im Mai einen neuen Höhepunkt erreicht. Damals wurde das Visum der US-Amerikanerin Melissa Chan nicht verlängert, womit sie de facto als erste Journalistin seit 14 Jahren aus dem Land gewiesen worden ist. Mangels Korrespondentin musste ihr Fernsehsender Al Dschasira sein Pekinger Büro schließen.

Der Klub der Auslandskorrespondenten dokumentierte die Repressionen lange Zeit auf seiner Internetseite, inzwischen werden diese Vorfälle nicht mehr veröffentlicht. „Um das Fortbestehen des Klubs der Auslandskorrespondenten in China weiter zu gewährleisten“, erklärt der Klub. Dabei sind die Repressionen gegen ausländische Journalisten seit den Aufrufen zur Jasminrevolution Anfang 2011 stark gestiegen. Der im Herbst bevorstehende Machtwechsel an der Spitze der Kommunistischen Partei hat die Nervosität der Sicherheitskräfte offensichtlich weiter erhöht. Benedikt Voigt, Peking

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