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Kämpft um seine Freiheit. Kunta Kinte (Malachi Kirby) wird als Jugendlicher 1767 von britischen Sklavenhändlern aus Gambia nach Amerika verschleppt. Die Erfolgsserie zog 1977 Millionen Zuschauer in ihren Bann. Jetzt kommt das Remake.

© A+E Networks/History

"Roots": Interview mit Malachi Kirby: „Jeder einzelne Drehtag war hart“

„Roots“ ist wieder da, nach, nach 40 Jahren als Serien-Remake: Schauspieler Malachi Kirby über Peitschenszenen, Kunta Kinte, DNA-Tests und Forest Whitaker.

Mister Kirby, es heißt, sie seien als Kind eher schüchtern gewesen. Keine guten Voraussetzungen fürs Schauspielern. Was haben Sie beim Drehen der Neuverfilmung von „Roots“über sich selbst gelernt?

Sehr viel. Ich glaube, das Schauspielen ist ein Beruf, in dem man es kaum vermeiden kann, viel über sich selbst zu lernen. Man spielt so viele verschiedene Charaktere. Ich finde Eigenschaften an mir, die ich gerne ablegen würde, solche, die ich an mir mag und solche, die ich mir gerne erarbeiten möchte. Von Kunta Kinte zum Beispiel habe ich sehr viel gelernt.

Was genau hat er Ihnen beigebracht?
Seine Treue zu sich selbst. Er bleibt immer, wer er ist und verbiegt sich nicht. Er ist von Menschen umgeben, die ihn versuchen zu beeinflussen, und er kommt in schwierige Situationen, in denen ich ihn nicht verurteilen würde, wenn er nachgäbe. Aber er bleibt standhaft. Seine Integrität hat mich stark beeindruckt und beeinflusst. In unserer Branche ist diese Eigenschaft nicht unbedingt an der Tagesordnung. Aber ich schätze es sehr, wenn ich sie an Menschen entdecke – wer auch immer sie sind. Dabei hat mir Kunta Kinte geholfen.

Hat sich seit dem Dreh, der Rolle als Kunta Kinte in Ihrem Leben etwas geändert?
Die größte Veränderung hat innerlich stattgefunden, in meinem Charakter. Ich musste für die Rolle in kurzer Zeit viel Neues lernen. Daran bin ich gewachsen. Nach dem Dreh habe ich viel von der Rolle für mich behalten. Das mache ich nicht oft. Bei den meisten Rollen bin ich danach schnell bereit, den Charakter wieder von mir abzustreifen. Aber Kunta Kinte hat mir viele gute Eigenschaften vermacht.

Welche?
Zum Beispiel seine Integrität. Etwas, das ich als Zauber beschreiben würde. Er erfährt, wie es ist, aus Gambia kommend, sein Leben als Sklave in Ketten zu verbringen. Dabei geht er durch depressive Phasen, aber er hat auch gute Zeiten. Sein Lebenswille ist für mich unglaublich, seine Fähigkeit, Positives zu finden, die Kraft, weiterzuleben, zu träumen. Manchmal reicht dir irgendeine Kleinigkeit, um den Kopf hängen zu lassen. Dann denke ich an Kunta und sage mir: Er hat so viel Schlimmeres erlebt und es trotzdem geschafft, jeden Tag wieder aufzustehen. Das ermutigt mich.

Sie sind in London geboren, als Kind jamaikanischer Einwanderer in der zweiten Generation. Jetzt suchen Sie nach Ihren eigenen Wurzeln…
Das stimmt. Im Zuge dieser Rolle habe ich einen DNA-Test gemacht. Das ist echt überwältigend. Ich habe quasi einfach in ein Reagenzglas gespuckt, und dann konnten die mir sagen, woher ich komme (lacht). Ich habe erfahren, dass ich zu 75 Prozent Westafrikaner bin und zu 21 Prozent südasiatisch. Drei Prozent meiner DNA stammen von überall auf der Welt.

Ziemlich unglaublich.
Und seltsam, denn auf meiner genetischen Landkarte sind weder London noch Jamaika verzeichnet. Das sind die zwei Orte, von denen ich immer wusste, die ich am besten kenne. Das hat mich zu der Überlegung gebracht, wer ich eigentlich bin. Woher komme ich? Ist es der Ort, an dem ich geboren wurde, oder der, an dem ich mich zu Hause fühle? Oder der, der in meiner DNA steht?

Eine weitere Reise…
... auf die ich mich begeben will. Ich bin immer noch dabei, mich kennenzulernen und zu entscheiden, was mich zu mir macht. Für Kunta Kinte war das, glaube ich, seine Kultur, sein Name, seine Familie, seine Vorfahren. Das hat ihn definiert. Ob das auch für mich gilt, weiß ich nicht. Es gibt so vieles über meine eigenen Vorfahren, das ich nicht weiß. Meine Großeltern sind schon gestorben, von meinen Großvätern habe ich keinen je kennengelernt. Ich weiß nicht, wer sie waren, deshalb bezweifle ich, dass es für mich möglich wäre, mein Selbstbild auf ähnliche Weise wie Kunta Kinte zu entwerfen. Das muss ich noch herausfinden.

Wie war es, mit Forest Whitaker zu spielen?
Er ist einfach er selbst. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so bescheiden und auf dem Teppich geblieben ist. Er macht überhaupt kein Aufhebens um seine Person, sondern teilt seine Erfahrung großzügig.

Haben Sie etwas von Whitaker gelernt?
Ich erinnere mich daran, wie wir zum ersten Mal eine Szene durchgegangen sind. Wir haben nur gelesen, ich war überwältigt, wie viel Leben er dem Text gegeben hat. Ich hatte das Skript schon gelesen, aber konnte nie das herausholen, was er dieser einen Szene beim Vorlesen gegeben hat. Ich konnte nur anerkennen: Wow, der Mann weiß, was er tut. Er schreibt manchmal seine ganz eigene Version des Texts. Etwas, was ich bei mir entwickeln muss, ist ganz einfach das Handwerk. Er ist ein Meister seiner Kunst und schafft es, das mit einer solchen Authentizität zu verbinden, dass man überhaupt nicht mehr merkt, dass er gerade spielt.

LeVar Burton, der erste Kunta-Kinte-Darsteller ist jetzt Koproduzent dieser Serie. Wie ist Ihr Verhältnis?
Eineinhalb Monate nach Drehstart habe ich Levar Burton in Südafrika kennengelernt. Eine surreale Situation. Ich glaube nicht, dass ich je wieder die Gelegenheit haben werde, jemanden zu treffen, der als Schauspieler den gleichen Weg schon gegangen ist, den ich gerade gehe.

Er war Kunta Kinte.

Wir standen uns gleich auf eine seltsame Weise nahe, obwohl wir uns das erste Mal sahen. Ich fühlte mich, als würde ich ihn kennen. Und er wusste, wie ich mich fühlte, ohne dass ich einen Weg finden musste, es auszudrücken. Seine Anwesenheit am Set war für mich tröstlich. Jeder einzelne Tag war hart. Manchmal nur körperlich, manchmal emotional, manchmal geistig, manchmal alles gleichzeitig. Die Peitschenszene war alles davon. Das war eine riesige Herausforderung.

Jörg Seewald

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