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Die „taz“-Redaktion vis-à-vis von Springer.

© M. Wolff

Rote Zahlen: Die „taz“ und die Frage nach dem Links-Sein

Die „taz“ schreibt rote Zahlen. Fürs Überleben muss sie die Frage nach dem Links-Sein neu stellen. Genosse und "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann hat bereits Tipps parat.

Die Debatte um das umstrittene Rösler-Interview hat der „tageszeitung“ („taz“) nicht geschadet. Im Gegenteil. Die Zahl der Unterstützer wächst. 13078 Genossen hatte die linke Zeitung am Freitagnachmittag, das sind 70 Genossen mehr seit der Veröffentlichung des Interviews am Dienstag, wegen dem sich die „taz“ mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert sah. Weil der Bundeswirtschaftsminister seine Antworten nicht autorisiert hatte, druckte die „taz“ nur die Fragen, die nach Ansicht zahlreicher Leser und auch des FDP-Sprechers „an rassistische Ressentiments“ rührten. Doch ging es bei der Diskussion nicht nur um den Unterton der „Hass“-Fragen – es ging auch um die große Frage, der sich die „taz“ täglich stellen muss: Ist das noch links?

Wenn sich am Sonnabend die Genossen zur Mitgliederversammlung treffen, wird ihnen „taz“- Geschäftsführer KarlHeinz Ruch rote Zahlen präsentieren. 616 766 Euro Miese machte die Zeitung 2012. Auch für 2013 wird eine negative Bilanz erwartet. Grund dafür sind sinkende Vertriebserlöse. Damit haben zwar viele Zeitungen zu kämpfen, doch ist die „taz“ davon abhängiger als andere. Denn Anzeigen machen bei der Zeitung traditionell nur ein Zehntel des Gesamtumsatzes aus. Sie muss sich im Wesentlichen über die Verkäufe finanzieren. Um rund drei Prozent auf 45 600 verkaufte Exemplare sank die Abo-Auflage im zweiten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Um dem Verlag das Überleben zu sichern, waren ihm Ende 2012 eine Million Euro aus dem Vermögen der Genossenschaft überwiesen worden. Der Verein trägt den Verlag, eine Teilhabe ist für eine Einlage von mindestens 500 Euro zu haben. Mit der wachsenden Zahl der Genossen zeigt die „taz“, dass sie weiterhin Unterstützer für ihr Projekt findet. Um überleben zu können, muss sie aber eben auch ausreichend Leser gewinnen – und dafür die Links-Frage neu stellen, ohne dabei das Selbstverständnis zu gefährden.

In der Redaktion herrscht Nervosität darüber, wie die „taz“ in Zeiten des Umbruchs noch die „taz“ bleibt, heißt es von Mitgliedern. Die Konfliktlinien würden nicht nur zwischen den alteingesessenen Redakteuren und dem Nachwuchs verlaufen, sondern auch die Frage der Ideologie betreffen. „Was noch links ist, weiß doch keiner mehr. Aber manche tun noch so“, heißt es aus der „taz“.

Meinungsstark im Fernsehen: Ines Pohl

Mit Ines Pohl hat die „taz“ 2009 eine Chefredakteurin bekommen, die die Zeitung in TV-Talkrunden meinungsstark präsentiert. Doch kritisiert wurde Pohl zuletzt nicht nur intern für das Rösler-Interview, sondern auch für ein Gespräch mit Grünen-Chefin Claudia Roth, in dem die Pädophilie-Debatte nicht angesprochen wurde. Einen Text zur Verbindung von Grünen zu Pädophilen, der in der Wochenendbeilage „Sonntaz“ erscheinen sollte, ließ sie wegen angeblich „falscher Kausalzusammenhänge“ nicht abdrucken.

Die „taz“ sei permanent zum „Neuerfinden gezwungen“, schrieb Pohl vorab an die Genossen. Ob sie sich dabei derzeit auf dem richtigen Weg befindet, wird am Samstag Thema sein. Und was erwartet „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, einer der prominetesten Genossen, von der neuen „taz“? „Weniger Verbissenheit, mehr Biss. Weniger Gedöns, mehr Silicon. Weniger Pohl, mehr Ines“, sagte er dem Tagesspiegel. Dazu frage er sich: „Wann bekommen wir Genossen endlich eine ,taz‘-App, die den Namen verdient?“. Für das missratene Rösler-Interview hat der „Bild“-Chef, kürzlich selbst in der Kritik für seine Art, Rösler zu herzen, einen Tipp parat: „Warum haben die ihn nicht einfach mal umarmt? Dann klappt's auch mit dem Interview.“ Zumindest in diesem Fall dürfte die „taz“ nicht auf den Rat ihres Genossen hören.

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