zum Hauptinhalt
Anfang der 70er Jahre war Bruhns die erste weibliche Nachrichtensprecherin in der Bundesrepublik.

© dpa

Sexismus-Vorwurf gegen Brüderle: „Anzügliche Blicke gibt es überall“

Sie gehörte zu den ersten Politik-Journalistinnen des Landes. Auch für den Stern arbeitete Wibke Bruhns. Im Tagesspiegel-Interview erklärt sie, weshalb sie die Berichterstattung über Brüderle für unseriös hält und was das Magazin hätte besser machen müssen.

Frau Bruhns, Sie haben in den 70er Jahren für den „Stern“ als eine der wenigen Journalistinnen über Politik berichtet. Haben Sie ähnliche Situationen erlebt wie Laura Himmelreich?

Nein, ich kann mich nicht entsinnen, dass mir irgendjemand an die Wäsche wollte. Ich finde aber die Aufregung um Herrn Brüderle jetzt übertrieben ist.

Warum denn das?

Die Geschichte ist journalistisch unseriös. Die FDP hat einen neuen Spitzenkandidaten, das ist das Thema - und nicht die Probleme von Frau Himmelreich mit Herrn Brüderle. Der „Stern“ hat hier eindeutig aus Kalkül gehandelt, um Schlagzeilen zu machen.

Finden Sie das angebliche Verhalten von Herrn Brüderle nicht berichtenswert?

Doch, natürlich. Aber darüber hätte schon vor einem Jahr berichtet werde können. Oder zu einem anderen Anlass - und den gibt es immer wieder. Schließlich werden Frauen in allen Berufsgruppe durch anzügliche Blicke belästigt.

Sie ja damals offenbar nicht

Vielleicht habe ich die Männer mit meiner Autorität auf Distanz halten können. Der „Stern“ was damals sehr wichtig, da traute man sich so etwas erst gar nicht.  

Dafür mussten Sie sich gegen Gerüchte wehren, eine Affäre mit Bundeskanzler Willy Brandt zu haben.

Die Gerüchte gab es ganz heftig. Und wo es ging, haben wir dagegen geklagt - und gewonnen.

Auch Spiegel-Online-Journalistin Annett Meiritz musste sich gerade wehren. Sie wurde innerhalb der Piraten-Partei als Prostituierte beschimpft und berichtete darüber im "Spiegel".

Ihr Text war eine richtige Reaktion, da muss man den Leuten auf die Finger klopfen. Im Gegensatz zum „Stern“ hat sie aber ihren Fall zur Geschichte gemacht und nicht für eine andere Geschichte benutzt.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann

Zur Startseite