zum Hauptinhalt
Whistleblower Edward Snowden spricht auf der re:publica per live-Schaltung mit dem Publikum.

© dpa

Start der Media Convention: Herzschrittmacher des digitalen Wandels

Erst Michael Müller, dann Edward Snowden. Wo der eine „goldene Jahrzehnte“ sieht, warnt der andere vor dem Verlust der Privatsphäre.

Die Politik muss derzeit zwei Herausforderungen meistern, um die Medienordnung der Zukunft zu schaffen. Das Internet soll als Ort des Pluralismus und der Meinungsvielfalt erhalten werden, zugleich muss der Wettbewerb gegen Monopole geschützt werden. Bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern wirke Berlin federführend mit, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bei der Eröffnung der Media Convention Berlin, die parallel zur Republica stattfindet. Die Veranstaltung wird vom Medienboard Berlin-Brandenburg und der Medienanstalt der beiden Bundesländer organisiert und findet zum dritten Mal statt.

Bei den Gesprächen zwischen Bund und Ländern gehe es nicht um ein mehr oder weniger an Regulierung, sondern um eine demokratische Medienordnung, sagte Müller weiter. „Ich bin überzeugt, dass diese auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann.“

Berlin will der SPD-Politiker als eine der führenden digitalen Hauptstädte Europas positionieren, damit hier die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen können. 60 000 digitale Stellen haben Berlin bereits, bis zum Jahr 2030 können es 270 000 werden. „Wir haben die Chance, dass in Berlin zu Kultur und Wissenschaft High-Tech hinzukommen.“ Berlin würden unter anderem von DIW goldene Jahrzehnte vorausgesagt.

Um dies zu erreichen, will der Berliner Regierungschef auf Vernetzung und Kooperation setzen. Müller verwies dabei auf eine Initiative, die er im vergangenen Jahr mit der TU gestartet hat. Das Ziel: 30 zusätzliche IT-Professuren zu schaffen. „Inzwischen sind es über 40 geworden“, sagt der Regierende. „Berlin soll der Herzschrittmacher des digitalen Wandels werden, das ist unser Ziel“, sagte Müller.

Als kurze Zeit später Edward Snowden per Live-Schaltung auf der Media Convention sprach, waren Michael Müller und sein Senatskanzleichef Björn Böhning , der zuvor noch den Start-up-Standort Berlin und die Zusammenarbeit mit der Digital-Metropole Tel Aviv gelobt hat, schon nicht mehr dabei.

Snowden diskutierte mit dem Oxford-Wissenschaftler Luciano Floridi unter der Überschrift: „Die vierte Revolution“. Floridi hatte dazu im vergangenen Jahr ein Buch veröffentlicht, in dem beschrieben wird, wie die Infosphäre unser Leben verändert. Snowden war bereits im vergangenen Jahr als virtueller Gast der re:publica vorgesehen gewesen, doch seinerzeit scheiterte dies an technischen Problemen.

In 21 Ländern hat Snowden einen Asylantrag gestellt

Snowden sitzt weiterhin in Russland fest, nicht im Asyl, sondern mit einer auf drei Jahre ausgelegten Aufenthaltserlaubnis. In insgesamt 21 Ländern hat er einen Asylantrag gestellt, die Antworten stehen noch aus. Er habe sich Russland nicht ausgesucht, sein Wunsch wäre die Rückkehr in die USA, doch dort habe man ihm kein faires Verfahren garantieren wollen. Aber auch in Deutschland ist er keineswegs willkommen.

Seine Einreise wird nach wie vor als gefährlich bewertet, er würde weiterhin verhaftet werden. Dennoch sieht Snowden ein Ende des Exils. „Das sieht man nicht zuletzt dadurch, dass wir zusammen in einem Raum diskutieren“, sagte Snowden, dessen Hoffnung in die Technik nicht gebrochen ist. „Die Technik entwickelt sich so schnell, zum Beispiel mit 3D-Präsenzen. Ich kann mir eine Welt vorstellen, in der Menschen nicht nur im virtuellen Raum zusammenkommen. Die Möglichkeiten zum Ausgrenzen sind jedenfalls nicht mehr so effektiv“, sagte Snowden.

Weniger optimistisch ist Snowden mit Blick auf die Privatsphäre. „Viele Menschen schätzen den Wert der Privatsphäre nicht hoch genug ein. Häufig denken sie, ich habe nichts zu verstecken, also habe ich auch nichts zu befürchten“. Doch auch ohne persönliche Bedrohung handelt es sich um ein kollektives Recht, so wie Religions- und Pressefreiheit. Und da würde ja auch niemand sagen, die Redefreiheit ist mir egal, weil ich im Moment nichts zu sagen habe. Sicher sei, dass Kommunikation immer stärker als Mittel zu Macht und Geld betrachtet wird.

„Wir müssen uns bewusst sein, dass Kommunikation nicht immer harmlos ist. Metadaten können dazu benutzt werden, um Menschen zu töten“, sagte Snowden und verweist auf Raketen, die auf Handypositionen abgeschossen werden. Dabei geht die Gefahr nicht allein von Regierungen und Organisationen aus. Snowden spricht von einer Konzentration der Macht, in kleinen Gruppen und Diensten wie beispielsweise Uber. „Wenn das in einer Industrie passiert, kann das auch für eine ganze Gesellschaft gelten“, warnt der Whistleblower. Floridi schließt sich da eher den Pessimisten an. „Häufig braucht es erste ein Katastrophe, bevor sich etwas ändert.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false