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Foto: dpa

© Björn Kietzmann

Stimmungstief: Sender im Stress

Deutschlandradio: Mitarbeiter sind verunsichert, Intendant Willi Steul ist beunruhigt. Jetzt sollen Mediatoren das Klima verbessern helfen.

Am vergangenen Mittwoch war offiziell Feiertag im Deutschlandradio. Bundespräsident Joachim Gauck lobte den Sender zum 20-jährigen Gründungsjubiläum als „Motor der Einheit“. Was Gauck nicht wissen konnte: Die Stimmung im nationalen Hörfunk mit den Programmen Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen ist mies. Das reicht von Unzufriedenheit bis hin zu größter persönlicher Verzweiflung, wie die Aussagen und Anklagen im Intranet der öffentlich-rechtlichen Anstalt zeigen.

Mit den aktuellen Nutzerzahlen hängt das nicht zusammen, die zeugen von Zuwachs. Der Deutschlandfunk wird täglich von fast 1,6 Millionen, Deutschlandradio Kultur von rund 470 000 Hörern eingeschaltet, für die Digitalwelle DRadio Wissen gibt es noch keine validen Zahlen. Und es sollen mehr Hörer, mehr Aufmerksamkeit, mehr Renommee für alle drei Programme werden. DRadio Wissen hat gerade eine Reform hinter sich, eine personalisierte Frühsendung, Mainstreampop bei anhaltender thematischer Tiefe arrondieren sich zum Angebot für Menschen zwischen 18 und 30 Jahren.

DRadio Wissen sendet erst seit 2010, da haben sich Strukturen, allgemeine und individuelle Aufgaben noch nicht verfestigt. Anders bei Deutschlandradio Kultur in Berlin. Eine Programmreform stand und steht an, jetzt soll sie im Juni kommen. Programmdirektor Andreas Peter Weber will den Markenkern als nationaler Kultursender stärken. Protest formuliert sich, gespeist aus den auch als von oben dekretierten Veränderungen beim Angebot und bei den Strukturen. So sollen die „Ortszeit“ und das „Radiofeuilleton“ wegfallen, statt der bisherigen Hauptabteilungen Politik und Kultur soll es eine Programmleitung mit den untergeordneten Ressorts Politik und Kultur geben. So viel Umbau schafft Unruhe, Beharrungswille trifft Aufbruchstimmung.

Im Deutschlandradio, in den Funkhäusern in Berlin wie in Köln, wird akut, was auch anderswo passiert: Mitarbeiter fühlen sich nicht „mitgenommen“. Die Führungskultur steht in der Kritik. „Was offensichtlich fehlt: Wertschätzung“, heißt es im Intranet, es herrsche immer mehr eine Atmosphäre der Mauschelei, oder: „Die Damoklesschwerter, die hier Dank des kräftezehrenden endlosen undurchsichtigen Prozesses der Programmoptimierung überall herumhängen, sind (...) inzwischen für alle sehr bedrohlich, verunsichernd und beunruhigend geworden.“

Die „schwerwiegenden Kommunikationsprobleme“ werden jetzt Thema. Intendant Willi Steul hat den Mitarbeitern angekündigt, dass sich Senderspitze, Personalvertretung und Redakteursausschüsse „mit allen Fragen“ beschäftigen werden. „Wir werden sehr offen sprechen.“ Steul will „außenstehende Mediatoren“ gewinnen. Gute Programme bräuchten ein Klima vertrauensvoller Zusammenarbeit in gegenseitiger Wertschätzung. „Dies müssen wir erarbeiten.“ Joachim Huber

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