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Anhänger der Alternative für Deutschland (AfD) demonstrieren gegen die deutsche Asylpolitik, auf einem Schild steht "Lügenpresse".

© dpa

Studie zum Vertrauen in die Medien: Glaubwürdig? Ja, aber

Wie hoch ist das Vertrauen in die Medien? Eine Studie des Bayerischen Rundfunks zeigt, wie schwierig die anerkannten Leistungen der Medien mit dem Begriff "Lügenpresse" zu fassen sind.

Die Medien in Deutschland sind nicht in Verruf gekommen, in die Diskussion geraten sind sie schon. „Lügenpresse“ ist das allfällige Stichwort dafür, aber zwischen diese bloße Schmähkritik und den tatsächlich anerkannten Leistungen der Medien passt eine Menge an Urteilen und Einschätzungen der Mediennutzer. Wie viel, das zeigt die repräsentative Studie „Vertrauen in die Medien“, die der Bayerische Rundfunk zum 25. Geburtstag seiner Radio-Informationswelle B5 Aktuell in Auftrag gegeben hatte und die dem Tagesspiegel vorliegt.

Die deutschen Medien erfüllen demnach die Kernaufgaben. Ob es darum geht, die Agenda der wichtigen Themen zu anzubieten, Orientierung zu geben, die Sorgen der Bürger aufzugreifen oder Missstände aufzudecken – bei jedem dieser Punkte zeigt sich eine breite Mehrheit der Deutschen mit der Medienleistung zufrieden bis sehr zufrieden. Dieses positive Bild verlässlicher Informationsquellen verfärbt sich bei der Hälfte der Bevölkerung ins Negative, wenn die Vollständigkeit der Berichterstattung, die richtige Darstellung von Fakten und die Transparenz der Quellen abgefragt werden.

Die entlang der Themenagenda festgestellte, weitgehende Übereinstimmung zwischen der medial vermittelten Realität und der subjektiv erlebten Realität schwächt sich erkennbar ab, wenn Berichterstattung der Medien und konkrete Lebenswelt der Menschen in Beziehung gesetzt werden. Der Blickwinkel der Medien sei eher „von oben“ als auf Augenhöhe mit den Menschen.

In der multiperspektivischen BR-Studie werden die Defizite noch genauer benannt. Mit 76 Prozent („trifft völlig zu/trifft eher zu“) Spitzenreiter ist die Kritik, wonach die Medien zu viel über Probleme und zu wenig über Lösungen berichten würden – ein Ansatzpunkt für künftigen „konstruktiven Journalismus“. Weiteres auf der Mängelliste: Berechtigte Meinungen würden ausgeblendet, weil sie für unerwünscht gehalten würden. Auf die Konsequenzen politischer Entscheidungen wird zu wenig eingegangen, der Komplexität von Sachverhalten begegnet Berichterstattung mit Stereotypisierung und Simplifizierung.

Wie sehr die Medien zum Dialog mit ihren Sehern/Hörern/Lesern aufgefordert werden, spiegelt sich in dem Meinungsbild der 50 Prozent, die mehr gehört werden, ihre realen Probleme wie abweichende Meinungen stärker wiederfinden wollen.

Am Ende beider Skalen rangiert der Boulevard

Beim zentralen Wert der Verständlichkeit liegen öffentlich-rechtliches Fernsehen mit 87 Prozent und Tageszeitungen (82 Prozent) vor den anderen Medien, nicht anders bei der Glaubwürdigkeit: 75 Prozent der Deutschen sehen diese Qualifikation bei ARD und ZDF erfüllt, 73 sind es bei der Qualitätspresse. Am Ende beider Skalen rangiert der Boulevard.

Quasi geteilt ist die Bevölkerung bei der Frage nach der Unabhängigkeit der Medien in Deutschland. Die eine Hälfte sagt, die Medien seien nicht unabhängig von Politik und Wirtschaft, die andere Hälfte bejaht die Unabhängigkeit. Auf die unterschiedlichen Medientypen heruntergebrochen: Bei öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Tageszeitung überwiegt der Eindruck der Unabhängigkeit.

Wer lenkt nun die Medien in den Augen der zahlreichen Skeptiker? Vorneweg Regierung oder andere staatliche Stellen sowie Wirtschaftsverbände/große Unternehmen (jeweils 84 Prozent), Parteien (75 Prozent), Werbewirtschaft (66 Prozent), die Bevölkerung selbst ist mit 27 Prozent vertreten. Als Paradebeispiel für Vorgaben bei der Berichterstattung wird die Flüchtlingskrise genannt. Zitat: „Alles pro Regierung, alles gleichgeschaltet“. 55 Prozent aller Befragten gaben an, die Nachrichtenmedien würden die „Mächtigen“ im Land mehr stützen denn als „Vierte Gewalt“ im Staat kontrollieren, sie seien Teil des Establishments.

Es manifestiert sich, dass die Medien vom allgemeinen Unbehagen gegenüber Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Eliten erfasst werden. Der Übermittler der Nachricht wird in Mithaftung für die Nachricht genommen.

Interessant auch, wie sich die Urteile in der Bevölkerung spreizen, wenn es um die Medien und die Journalisten geht. „Die überwältigende Mehrheit der Deutschen hat ein grundsätzlich positives Bild von Journalisten“, heißt es in der Studie. Dies stehe teilweise im Gegensatz zu der Einschätzung der Medien als Institution. Der „positive“ Journalist ist auch eine Folge der Methodik der Studie. Anders als in anderen Untersuchungen, in denen das Berufsbild des Journalisten deutlich schlechtere Bewertungen erfahre, wurde in der BR-Studie nicht nach dem gesellschaftlichen Ansehen gefragt und keine Vergleichsliste mit anderen Berufsgruppen vorgelegt.

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