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David Rossis Tod wirft Fragen auf: Der Anwalt seiner Witwe glaubt nicht an die Selbstmordversion.

© Florianfilm / Arte

„Tod eines Bankers“: Nur die Witwe trauert

In einer Dokumentation geht Arte den Finanzgeschäften der Banca Monte dei Paschi nach. Ausgangspunkt ist der Fenstersturz eines Banken-Sprechers.

Was wäre das stolze Siena im Herzen der Toskana ohne die berühmte Sammlung Sienesischer Malerei aus dem 12. bis 16. Jahrhundert im Palazzo Buonsignori. Und was diese Pinacotecca Nazionale ohne die Zuwendungen der 1624 gegründeten Monte dei Paschi, vermutlich die älteste Bank der Welt.

Eigentlich wurde das Institut bereits 1472 unter dem schönen Namen Monte della Pietà (Berg der Barmherzigkeit) ins Leben gerufen, eine bürgerschaftliche Einrichtung, die in Not geratenen Familien unter die Arme greifen sollte. Gemeinwohl galt in Siena lange als hohe Tugend. Umso größer darum die Bestürzung, als aus dem Palazzo Salimberi, dem Sitz der Bank, 2013 nur noch schlechte Nachrichten drangen.

Wie es dazu kam, darüber wusste der Sprecher der Bank sicher mehr, doch David Rossi sprang am 6. März 2013 aus dem Fenster seines Büros in die Tiefe. Oder wurde er rückwärts aus dem Fenster gestoßen, zwei Tage bevor er vor dem Staatsanwalt aussagen wollte? Mit dem von einer Überwachungskamera festgehaltenen Aufprall auf dem Pflaster beginnt die spannende und aufschlussreiche Arte-Doku „Tod eines Bankers. Der Skandal um die älteste Bank der Welt“.

Die Spur führt zu gefälschten Bilanzen

Moritz Enders, der Autor, hat annähernd ein Dutzend Personen zum Fall Rossi und zur Lage der Bank befragt: die Witwe Antonella Tognazzi, der niemand aus der Chefetage der Bank kondolierte, ihren Anwalt, der sich mit der Selbstmordversion nicht zufrieden geben will, Leute auf der Straße und fast schon zu viele ausgewiesene Experten auf den Finanzmärkten von London bis Frankfurt am Main.

Ein kriminaltechnisches Gutachten rekonstruiert den Fenstersturz, der – so das Ergebnis – durch eine zweite Person verursacht worden sein muss. Anders als in einem „Tatort“ kann der Film die Fäden nicht säuberlich aufdröseln, doch er findet Spuren, die von Rossi direkt zu den hausgemachten Problemen der Bank führen, zuvorderst zu den gefälschten Bilanzen.

In den Niederungen des Derivat-Handels

Warum wollte die Monte dei Paschi unbedingt die ins Trudeln geratene Bank Antonveneta aufkaufen, und zwar für 17 Milliarden Euro, obwohl diese nur zwei Milliarden wert war? Warum segnete der damalige Gouverneur der Banca d’Italia, Mario Draghi – inzwischen Chef der Europäischen Zentralbank – dieses fast selbstmörderische Projekt mit seiner Unterschrift ab, statt es zu stoppen?

„Tod eines Bankers“ ist fast ein Krimi, vor allem jedoch ein erhellender Beitrag zum Hintergrund der Bankenkrise mit ihren verheerenden Folgen. Was für ein Absturz vom „Berg der Barmherzigkeit“ zu den Niederungen des Derivat-Handels und den spekulativen Transaktionen mit virtuellen Geldsummen.

Man sollte sich den Film ruhig ein zweites Mal anschauen, um bei den Warnungen der zu Rate gezogenen Finanzökonomen mit Weitblick genau aufzumerken. Aber auch wegen der pointiert eingefügten Kameraimpressionen aus dem nebelverhüllten Siena.

„Tod eines Bankers“, Arte, Dienstag, 21 Uhr 50

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