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TV-Doku: Tragödie vor aller Ohren: Leben und Sterben der Amy Winehouse

Mit einem Film über die Sängerin Amy Winehouse beginnt die dreiteilige ARD-Reihe „Pop-Legenden“.

Mit einem Alkoholgehalt von über vier Promille im Blut wurde Amy Winehouse vor zwei Jahren in ihrer Londoner Wohnung tot aufgefunden. Im Frühjahr 2011 hatte die Sängerin noch verkündet, sie wolle aufhören zu trinken. Die Heroinsucht war sie schon los, ebenso wie ihren zweifelhaften Ehemann Blake Fielder-Civil, von dem sie sich scheiden ließ. „I’m a tiny penny rolling up the walls inside“, sang Winehouse in ihrem Hit „Back to Black“. Die Münze rollt rauf, aber leider auch wieder runter. Am 18. Juni 2011 in Belgrad torkelte die Sängerin betrunken über die Bühne. Die Tournee wurde abgesagt. Gut ein Monat später war das kurze Leben der Amy Winehouse zu Ende. Im Alter von 27 Jahren, wie Kurt Cobain, Jimi Hendrix, Jim Morrison, Janis Joplin, weshalb auch ernsthafte Menschen glauben, dies müsse eine Art Schicksalsjahr für Rock- und Pop-Genies sein.

Andreas Kanonenbergs Dokumentarfilm über die britische Sängerin mit der einzigartigen Stimme eröffnet die dreiteilige „Pop-Legenden“-Staffel in der ARD. Und der Autor fährt vor der Kamera eine beachtliche Anzahl von Familienmitgliedern, Freunden und Weggefährten auf: die Eltern Janis und Mitch, Manager Nick Godwyn, die Produzenten ihrer beiden einzigen Alben „Frank“ und „Back to Black“, Salaam Remi und Mark Ronson, Gitarrist Ian Barter, Freundin Juliette Ashby und Musikjournalist Dan Cairns. Eigentlich fehlen nur noch Bruder Alex, Fielder-Civil und ihr letzter Freund, Filmemacher Reg Traviss.

Außerdem erinnern sich hier Sylvia Young von der gleichnamigen Londoner Theaterschule sowie Bill Ashton, der das britische Jugend-Jazz-Orchester leitete, an den magischen Moment, als sie den Teenager Amy das erste Mal singen hörten. „Wie konnte ein 16-jähriges Mädchen sich anhören wie eine 50-jährige schwarze amerikanische Sängerin?“, wundert sich Ashton noch immer. Und Sylvia Young glaubte, eine neue Judy Garland oder Ella Fitzgerald stünde da vor ihr. Das behauptet sie heute. Man fragt sich allerdings schon, warum Amy Winehouse dann trotzdem von Youngs Schule flog.

Es gibt verschiedene Erklärungsversuche, warum aus dem talentierten, willensstarken Mädchen ein derart labiler Star geworden war: die Trennung der Eltern, die Angst vor der Bühne, die verhängnisvolle Liebe zu Fielder-Civil. Und natürlich immer wieder die Drogen, der Alkohol vor allem. Eine Tragödie, die sich öffentlich vor aller Augen und Ohren abspielte. Weil Amy Winehouse selbst in ihren Songtexten offen über das eigene Leben und ihre Sucht schrieb, wie etwa in „Rehab“. Und weil sie mit ihren Eskapaden für die Medien eine leichte Beute war. Bilder dieser Jagd auch hier: Amy Winehouse mit glasigem Blick, ein zerbrechliches Wesen, umzingelt und hart bedrängt von einer Meute Fotografen und Kameraleuten. Machte ihr das wirklich nichts aus? Die Rolle der Medien wird hier kaum reflektiert.

Dafür wird das Publikum gleich zu Beginn mit recht süffigen Sätzen wie diesen beschwipst gemacht: „Ruhm und Geld sind ein verhängnisvoller Cocktail.“ Dazu sieht man Amy Winehouse, na was wohl, diverse Cocktails trinken. Auch sonst wird unnötig häufig aus dem Off dazwischengetextet, werden Aussagen der Interviewpartner wiederholt oder auch vorweggenommen. Und gleich zweimal ertränkt Amy Winehouse ihren Schmerz mit „noch mehr“ Alkohol und Drogen.

Kommentare, Interviews und Musik, alles wird in diesem Dokumentarfilm zerschnipselt und allzu klein gehackt. Zwar kann Autor Kanonenberg – dank einiger Privatvideos – noch frühe und unbekannte Aufnahmen von Amy Winehouse präsentieren, doch schön und angemessen wäre es gewesen, ihre umwerfende Stimme einmal in einer längeren Passage zu hören.

Oder im Duett mit dem damals 84-jährigen Jazz-Sänger Tony Bennett, der mit Amy Winehouse wenige Wochen vor ihrem Tod den Klassiker „Body in Soul“ aufnahm.

Reihe „Pop-Legenden“, ARD: „Amy Winehouse“, Mittwoch, 22 Uhr 45. Es folgen noch: „Udo Lindenberg“, 31.Juli, 22 Uhr 45, sowie „Tina Turner“, 7. August, alle 22 Uhr 45

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