zum Hauptinhalt
Der BGH verkündete ein für Verlage wichtiges Urteil. Es geht um die Frage, ob Verlage auch künftig von den Tantiemen der Autoren und Journalisten etwas abbekommen sollen. Die Antwort: Nein.

© dpa

VG-Wort-Urteil: Börsenverein fordert Politik zum Handeln auf

Die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort darf keine Einnahmen aus Urheberrechten mehr an die Verlage ausschütten. Das Geld stehe nach derzeitiger Gesetzeslage ausschließlich den Autoren zu.

Nach der BGH-Entscheidung zum Urheberrecht erwartet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels „entschlossenes politisches Handeln“ in Berlin und Brüssel. Das Urteil des Bundesgerichtshofs sei „kulturpolitisch höchst problematisch“, erklärte in Frankfurt der Dachverband der Branche, dem auch die Verlage angehören.
Der BGH hatte am Donnerstag entschieden, dass die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort keine Einnahmen aus Urheberrechten mehr an die Verlage ausschütten darf. Das Geld stehe nach derzeitiger Gesetzeslage ausschließlich den Autoren zu.

Die Verwertungsgesellschaft Wort, sozusagen die GEMA der Autoren, muss ihre Auszahlungspraxis ändern. Sie kann künftig aus ihren Einnahmen keinen Anteil mehr an die Verleger überweisen. Es gebe keine Rechtsgrundlage, die Verleger an den Ausschüttungen zu beteiligen, so die Begründung. Es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag. Branchenkenner gehen davon aus, dass den Verlegern jährlich 20 Millionen Euro verloren gehen.

Als der Wissenschaftsautor Martin Vogel gegen die VG Wort prozessierte, rieb sich die Medienbranche verwundert die Augen. Vogel ging gegen eine jahrzehntelange Praxis vor, die bislang niemand problematisiert hatte. Wenn ein Buch über Bibliotheken ausgeliehen oder in Copyshops vervielfältigt wird, fließen Abgaben an die VG Wort. Diese zahlte diese Einnahmen nur zur Hälfte an die Autoren der Werke aus, die andere Hälfte floss an die Verleger. Vogel sah dadurch seinen Anspruch ohne Grund geschmälert.

Sieg in allen Instanzen

Der Wissenschaftler gewann in allen Instanzen. 2012 gab ihm das Landgericht München recht, ein Jahr später das dortige Oberlandesgericht. Zwischenzeitlich entschied auch der Europäische Gerichtshof in einem anderen Verfahren zugunsten der Autoren. Der deutsche Fall „Vogel gegen VG Wort“ wurde nun am Donnerstag in letzter Instanz vom BGH in Karlsruhe entschieden. Auch der kam zu dem Ergebnis, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, die Verleger zu beteiligen. Deren Argument, die Bücher könnten ja nur aufgrund ihrer vorangegangenen verlegerischen Leistung reproduziert werden, reiche nicht aus. Die Verleger verfügten – anders als die Presseverleger – nicht über ein Leistungsschutzrecht. Deshalb gebe es keine Rechtsgrundlage für ihre Beteiligung.

Der Großverleger Hans Dieter Beck hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH noch für die Verlage gekämpft. Gerade kleineren Verlagen drohe ohne die Beteiligung das Aus. Aber schon in der Verhandlung sagte der Vorsitzende Richter, Wolfgang Büscher, der Senat könne und werde „ keine wirtschaftspolitische Entscheidung treffen“, sondern allein eine rechtliche. Das hat er nun getan. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verlangt nun Korrekturen im Urheberrecht, und zwar auf europäischer und nationaler Ebene. Der Beck-Verlag will eine Verfassungsbeschwerde prüfen. Diese hätte aber keine aufschiebende Wirkung. Das Urteil des BGH ist rechtskräftig. Die Verlage müssen nun Rückzahlungen an die VG Wort leisten.

Das Urteil des BGH in Sachen VG Wort werde, wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) mitteilte, auch Konsequenzen für die Vielfalt der Angebote journalistischer Aus- und Weiterbildung haben: „Seit Jahrzehnten werden die Ausschüttungen aus den sogenannten Reprographieabgaben von den Zeitungsverlegerverbänden zweckgebunden ausschließlich für die journalistische Aus- und Fortbildung eingesetzt. Diese Finanzierungsquelle ist durch das BGH-Urteil zerstört worden“, sagte eine BDZV-Sprecherin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false