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Harrison Ford, 71, staunt nicht schlecht, Markus Lanz scheint sich hinter der Hollywood-Größe zu verstecken.

© dpa

Update

"Wetten, dass...?": Markus Lanz präsentiert sich als stabilisierter Showmaster

Boxen rules. Markus Lanz im ZDF verliert klar gegen Wladimir Klitschko bei RTL. Doch das überarbeitete "Wetten. dass..?" geht nicht unter. Das ZDF hat gelernt, Lanz hat gelernt. Show und Showmaster fremdeln nicht mehr. Eine Fernsehkritik.

Den Quotenkampf mit Wladimir Klitschko verliert Markus Lanz deutlich. Dee WM-Boxkampf bei RTL erreicht 11,02 Millionen Zuschauer, „Wetten, dass..?“ im ZDF holt parallel 6,85 Milionen. Lanz entgeht damit knapp seinem Quotentief in der Sommerausgabe mit 6,74 Millionen. Was die Zahl vom Samstag für die ZDF-Show wirklich wert ist, wird sich bei der nächsten Sendung am 9. November zeigen, wenn die Konkurrenz wieder Normalmaß ausstrahlt.
Markus Lanz weiß, was er angerichtet hat. Er geht vor dem Publikum in die Knie, entschuldigt sich für seine erste „Wetten, dass..?“-Saison. Eine „verspätete zweite Pubertät“ nennt er die Ausweitung des ZDF-Klassikers in die Privatfernsehzone hinein. Was da kindisch, ja billig und peinlich war – die pinke Assistentin „Cindy aus Marzahn“ sei stellvertretend für sämtliche Irrungen und Wirrungen genommen -  hat den Nachfolger von Thomas Gottschalk zum Sägemehlfresser im Circus Halligalli deformiert und das Format beschädigt. Aber das ZDF hat gelernt. Jetzt, da der reuige Markus Lanz unter permanentem Danke-Sagen für das tobende Publikum antritt, ist „Wetten, dass..?“ deutlich auf den Formatkern aus Show, Talk und Spielwetten zurückgeführt worden. Lanz ist alleine zuhause. Die Assistentin fehlt, die Challenge-Nummer, als Lanz mit einem Showgast eine körperbetonte Wette austragen musste, fehlt zudem. Wer wird sie vermissen?

Lanz moderiert sein Talksofa, und er macht Wettkönige. Er zeigt, dass dem Gastgeber die Show am meisten Spaß macht (und machen muss), doch ist die Aufgekratztheit einer mehr unverstellten Freude gewichen. Dass der Südtiroler weiter grundnervös durchs Spielfeld saust, zeigt im Angesicht der Aufgabe sein menschliches Maß. 

Profi-Gagschreiber haben ganz gute Arbeit geleistet

Die Gäste auf dem Sofa werden einzeln begrüßt. Wenn hier die angekündigten Profi-Gagschreiber dem Lanz die Worte in den Mund legen, dann haben sie ganz gute Arbeit geleistet. Die verschwitzte Anbiederung ist weniger geworden, der Talker Lanz tritt in den Vordergrund. Er darf sich mehr im Rund seiner gewohnten und erfolgreichen Fernsehheimat „Markus Lanz“ aufgehoben fühlen als in der zuletzt uferlosen Manege von Europas größter Fernsehshow. Lanz hat nicht die Spannweite eines Gottschalk, also wird die Spielshow zur Talkshow zur Spieltalkshow. Das ist schon eine erstaunliche Reduktion und doch vielleicht die Formel, wie „Wetten, das...?“ und Markus Lanz zusammenpassen könnten.

Das Sofa ist mit ausreichend Prominenz gefüllt. Die 67 Jahre alte Cher ist da und dementiert mit ihrer strahlenden Erscheinung erneut, dass sie niemals so alt aussehen will, wie sie tatsächlich ist. Mit Harrison Ford, 71, und Sylvester Stallone, 69, und Ruth Maria Kubitschek, 82, sind die Stars von gestern und vorgestern stark vertreten. Schauspieler Matthias Schweighöfer, 32, und die frisch fürs ZDF engagierte Sängerin Helene Fischer, 29, bringen ihre Jugend mit, die Schauspielerin Anja Kling preist ihr „Herzkino“ am Sonntag im Zweiten. Fischer singt, es geht um eigene Fehler und Schwächen. Fischer ist erst 29 ist, da ist Hoffnung auf Besserung drin. Lanz gibt den perfekten Gastgeber und bedankt sich überschwänglich bei allen, selbstredend auch bei der Hollywood-Prominenz. Der Charmebolzen Harrison Ford mag Schlager, wie er sagt, auf jeden Fall mag er Helene Fischer. Cher ist selbstironisch und lässt sich von den Lanzschen Schlüpfrigkeiten nicht wirklich irritieren. Um 21 Uhr 40 verabschieden sich die beiden Amis.

MarkusLanz grinst, bis wohl die Backen schmerzen

Jetzt kommen die deutschen Stars, Matthias Schweighöfer und Ruth Maria Kubitschek und bewerben den gemeinsamen Film. Später drängen noch Anja Kling und Sylvester Stallone aufs Sofa. Der Showmaster weiß ziemlich genau, was zu er sagen und zu fragen und zu scherzen hat. Brüllend einfallsreich ist das nicht, doof auch nicht, mal zotig, es ist die Mittellage zwischen Nonsens und Smalltalk, nennen wir es stark parfürmiertes Parlando. Alle machen mit, zwischenzeitlich läuft die Konversation wie von selbst. Was immer noch stört: Lanz grinst, bis wohl die Backen schmerzen. Wie oft sagt er eigentlich: „Ein Traum“?

Spannung und Bewegung bekommt die zuweilen zähe und schallgedämpfte Show durch die Wetten. Von der Kinder- bis zur Erkennkategorie sind sie familientauglich ausgewählt. Es bleibt auch im 32. Showjahr ein nichtendenwollender Moment von Erstaunen und Überraschung, mit welchen Aktivitäten Menschen ihre Freizeit füllen. Oder wollen Sie wie Tochter Annalena und Vater Reinhard Will mit einer Straßenwalze das Öffnen von Bierflaschen üben? Deutschland hat es gut, Deutschland hat viel Freizeit. Die Außenwette in Südtirol wird von Elton moderiert, und warum er das darf, wird das ewige Geheimnis des ZDF bleiben.

Show und Showmaster fremdeln nicht mehr

Gesungen wird reichlich. Neben Helene Fischer treten Cher und John Newman und das „Rocky Musical“ auf. Ein Potpourri wie aus einem bunten Abend, Die Showacts mögen trotz ihrer Durchschnittlichkeit gefallen und bieten die dankbar angenommene Gelegenheit, zum Klitschko-Kampf bei RTL rüberzuschalten. Um 22 Uhr 15 ist noch keiner k.o. gegangen, Pech für Lanz, denn so geht der Quotenzweikampf ZDF versus RTL unvermittelt weiter. „Wetten, dass..?“ überzieht, statt wie geplant um 22 Uhr 45 wird erst nach 23 Uhr gewunken. Auf die Länge gesehen, war es kein übermäßig aufregender Abend mit dem ZDF. Gefällig, auf Nummer Sicher gearbeitet mit einem stabilisierten Showmaster.

Die 207. Ausgabe muss nicht in die Annalen von „Wetten, dass..?“ eingehen. Sie ist, immerhin, das Ende eines missglückten Experiments und vielleicht der Auftakt eines geglückten. Show und Showmaster fremdeln nicht mehr. So klassisch „Wetten, dass..?“ ist, so sehr braucht es einen Moderator von Klasse. Lanz arbeitet sich vor.

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