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ZDF-Moderator Rudi Cerne hat vor einem Jahr die Bayerische Staatsmedaille für Innere Sicherheit für seine Arbeit in der Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst" erhalten.

© pa/dpa

Update

Zunächst Angst vor Stimmungsmache: "Aktenzeichen XY" strahlt Fahndung nun doch aus

Ein Beitrag von "XY ungelöst", in dem nach einem dunkelhäutigen Verdächtigen gefahndet wird, soll nun doch im September ausgestrahlt werden. "Journalisten dürfen sich nicht vom gesellschaftlichen Mainstream leiten lassen", heißt es dazu beim Journalistenverband.

„Wir sind froh, dass wir jetzt die Chance haben, durch diese Sendung den Täter vielleicht noch fassen zu können“, hatte Kim Ben, der Sprecher der Dortmunder Polizei Ende Juni dem Online-Portal „Der Westen“ gesagt. Die Webseite hatte darüber berichtete, dass die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ im September über einen bislang unaufgeklärten Vergewaltigungsfall vom März 2014 mit einem Filmbeitrag berichten wollte. Dass es nun tatsächlich dazu kommt, wird, ist jedoch nicht zuvorderst das Verdienst des ZDF. Weil der mutmaßliche Vergewaltiger eine dunkle Hautfarbe hat, hatte die Redaktion der ZDF-Sendung den Beitrag zunächst verschoben – um nun diese Verschiebung wieder rückgängig zu machen.

„Die Fahndung im Zusammenhang mit einer Vergewaltigung im März 2014 in Dortmund wird wie geplant in der nächsten Ausgabe von Aktenzeichen XY am 2. September behandelt. Die Auswahl der Fälle erfolgt durch Redaktion und Produzent in enger Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei nach der Relevanz der Fälle, ihrer Dringlichkeit und dem jeweils aktuellen Ermittlungs-Stand. Die Hautfarbe oder andere Persönlichkeitsmerkmale eines mutmaßlichen Täters spielen dabei keine Rolle“, teilte das ZDF am Freitag auf Nachfrage des Tagesspiegels mit.

Zunächst hatte es allerdings ganz anders ausgesehen: „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen und keine schlechte Stimmung befördern. Dies haben diese Menschen nicht verdient“, hatte „Der Westen“ „XY ungelöst“-Redaktionsleiterin Ina-Maria Reize-Wildemann zitiert. Sie hatte angekündigt, dass der Beitrag voraussichtlich erst im Dezember oder Januar gesendet werde und auch dann nur, wenn der Zeitpunkt richtig sei. Die ZDF-Reihe „Aktenzeichen XY“ war von Eduard Zimmermann im Jahr 1967 gestartet worden. Seit Januar 2002 wird sie von Rudi Cerne moderiert.

Der Beitrag über den Vergewaltigungsfall, der sich Ende März 2014 in der Nähe der S-Bahnstation Dortmund-Huckarde zugetragen hat, war bereits fertig gedreht und war für die Sendung vom 2. September vorgesehen. Die Dortmunder Polizei hatte zuvor ein Jahr lang versucht, das Verbrechen aufzuklären. Wenige Tage nach der Tat war in der westfälischen Stadt sogar das Foto aus einer Überwachungskamera der S-Bahnlinie veröffentlicht worden. Ohne Erfolg. Auf dem Bild war ein Mann mit offensichtlich dunkler Hautfarbe zu sehen. Das Opfer der Vergewaltigung hatte den Täter als auffallend schmächtig beschrieben. Er habe einen sehr gepflegten Eindruck gemacht und akzentfreies Deutsch gesprochen. Bereits vor dem Dreh hatte das ZDF jedoch offensichtlich Bedenken. So wurde die Nachstellung der Tat nicht etwa in Dortmund, sondern in München gedreht. „Das hängt auch damit zusammen, dass wir nicht für zusätzliche Aufregung in der Region sorgen wollten“, hatte das ZDF diese Entscheidung begründet.

"Mit journalistischen Grundwerten unvereinbar"

Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) hält es mit den journalistischen Grundwerten unvereinbar, einen Bericht zu verschieben oder möglicherweise sogar komplett zu streichen, weil es sich bei dem Täter um einen Farbigen handeln könnte und in Deutschland derzeit eine hitzige Diskussion über das Flüchtlingsthema geführt werde. Der Informationsauftrag der Journalisten gelte grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich um Politik, Lokales, um eine Zeitung oder die Sendung „XY ungelöst“, handele, sagte Zörner dem Tagesspiegel. Dass das ZDF die Verschiebung des Beitrages nun noch einmal überdacht hat, begrüßt der DJV-Sprecher: „Das ist die richtige Entscheidung, die Fahndung im September zu senden. Journalisten dürfen sich in ihrer Informationspflicht nicht von einem gesellschaftlichen Mainstream leiten lassen“, sagte er.

Die Dortmunder Polizei hatte bedauert, dass die Aufklärung des Falles nicht mehr möglich erscheint. „Erst wenn alle klassischen Ermittlungsmethoden ausgeschöpft sind, greifen wir zum Mittel der Öffentlichkeitsfahndung“, hieß es von Seiten der Dortmunder Polizei zur Entscheidung des ZDF. Im Juni hatte Sprecher Ben unterstrichen, dass sich nicht die Polizei an den Sender gewandt habe, sondern dass die Redaktion von „XY ungelöst“ auf die Polizei zugekommen sei.

Zur der Revidierung der Entscheidung hätten wir vom ZDF gerne noch einige Antworten erhalten, um zu erfahren, ob die Berichte im „Der Westen“ möglicherweise nicht zutrafen oder Redaktionsleitern Reize-Wildemann falsch zitiert wurde. Zudem wollten wir wissen, wer diesmal die Entscheidung zu verantworten hat. „Dem Statement ist nichts hinzuzufügen“, hieß es dazu nur vom ZDF.

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