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Berlins Innensenator Frank Henkel spricht am 9. November im Verfassungsschutz-Ausschuss im Abgeordnetenhaus in Berlin.

© dpa

Berlins Innensenator: Unsicher im Amt

Krisenmanagement sieht anders aus. Frank Henkel zögert, laviert und redet sich in der NSU-Affäre heraus. Damit nährt er Zweifel an seiner Handlungsfähigkeit. Die Frage wird immer öfter gestellt: Ist er der richtige Mann im Amt des Innensenators?

Einiges läuft gerade mächtig schief in den Berliner Sicherheitsbehörden. Innensenator und CDU-Landeschef Frank Henkel muss sich fragen, ob er das noch geradebiegen kann. Und wer dafür geradesteht. Der Referatsleiter Rechtsextremismus in der Innenverwaltung ließ Akten des Verfassungsschutzes zu Neonazi-Umtrieben schreddern, die besser nicht vernichtet worden wären. Wochenlang verschleppten Landeskriminalamt und Innenbehörde die vom NSU- Untersuchungsausschuss des Bundestages angeforderte Herausgabe von Unterlagen über den vom Berliner LKA geführten V-Mann, der bereits 2002 zu berichten wusste, wo das untergetauchte Zwickauer Terrortrio zu finden gewesen wäre. Die auf Abruf amtierende Polizeipräsidentin, die zuletzt zunehmend glücklos agierte, ist nicht die Einzige, die mit der Affäre überfordert wirkt.

Die offenen Fragen der Opposition zum NSU-Komplex liegen seit Wochen unbeantwortet auf dem Tisch. Und neue Rätsel kommen hinzu. Die politische Verantwortung dafür trägt der Innensenator. Frank Henkel zögert, laviert und redet sich heraus, statt offensiv zu handeln. Und nährt damit die Zweifel an seiner Handlungsfähigkeit. Damit verwirkt er sein wichtigstes politisches Kapital: das Vertrauen, der richtige Mann im richtigen Amt zu sein.

Dabei hätte es von Anfang an anders laufen können. Das Berliner V-Mann-Problem, das Henkel zu bewältigen hat, ist eine Erblast seiner Amtsvorgänger. Das zähe Verfahren um die Neubesetzung des Polizeipräsidenten, das Ehrhart Körting ihm hinterlassen hat, hätte von einem zupackenden Nachfolger längst beendet und der Posten besetzt sein können.

Mit seinem missratenen Krisenmanagement hat Henkel die Probleme zu seinen eigenen gemacht. Zu allem Unglück kam noch Pech dazu. Bei mehreren wichtigen Sitzungen des Innenausschusses fehlte Henkel krankheitsbedingt, zuletzt vor zweieinhalb Wochen, als es um die Aufklärung der NSU-Affäre ging. Seither laborierte er an einer schweren Bronchitis. So etwas erwischt auch mal einen Senator. Aber gerade in solch infektiösen Zeiten braucht es eine gesunde Abwehr, einen Krisenmanager, der als Stellvertreter die Behörde verlässlich führt. Doch auf seinen Innenstaatssekretär Bernd Krömer, früher Baustadtrat in Tempelhof-Schöneberg, wollte – oder konnte – Henkel offenbar nicht bauen.

So vergingen dreieinhalb Wochen, ehe der Innensenator die Abgeordneten über die Schredderpanne des Verfassungsschutzes informieren ließ. Aus Achtung vor dem Parlament, wie er am Freitag im Verfassungsschutzausschusses erklärte, habe er nur weitergeben wollen, „was ich geprüft habe“. Antworten zu dem „Versehen“ der Aktenvernichtung, die „inakzeptabel“ und „schwer darstellbar“ sei, hatte er auch diesmal nicht parat.

Henkel weiß, dass er noch viel zu erklären hat. In der Innenverwaltung, beim Verfassungsschutz und im LKA läuft die Fahndung nach den Verantwortlichen für die Pannenserie. Man darf gespannt sein, was der von Henkel eingesetzte NSU- Sonderermittler Dirk Feuerberg herausfindet. Der Oberstaatsanwalt soll bis Jahresende einen Bericht vorlegen.

Frank Henkel wird am besten wissen, was auf dem Spiel steht. Zwei Senatoren auf CDU-Fahrkarte sind im ersten rot- schwarzen Jahr bereits zurückgetreten. Wenn Henkel nicht schnell beweist, dass er sein Amt im Griff hat, wird Klaus Wowereits Regierungsexperiment mit der Berliner CDU wohl schon mangels Ersatzpersonals beendet werden müssen.

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