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Ein SPRUCH: Toter Terror

Sind die Attentäter aus dem "Nationalsozialistischen Untergrund" Teil eines braunen Netzwerkes? Generalbundesanwalt Harald Range sagt Nein - und sieht auch kein Versagen der Behörden. In beidem hat er wohl recht.

Selten verbreiten Terroristen den größten Schrecken erst, wenn sie tot sind. Doch so war es im Fall der toten Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die mit ihrer Unterstützerin Beate Zschäpe eine terroristische Vereinigung gebildet haben sollen. Bekennertum, Propaganda, Symbole, das gab es erst post mortem. Bis dahin tat die Gruppe alles, um eher unterroristisch zu wirken. Sie erschoss – bis auf den Migrationshintergrund wahllos – Menschen und überfiel Banken, während Zschäpe ihre Katzen fütterte. Dann ging es los zum Ostseeurlaub.

So zynisch, so wahr. Es fragt sich, ob solche Verbrechen aus ideologischem Wahn stets die Bezeichnung „Terrorismus“ verdienen sollten, den Schlüsselbegriff in der Sicherheitspolitik der letzten Jahre und eine Zuschreibung, die international schon Kriege gerechtfertigt hat. Kürzlich wurde der Deutsch-Kosovare Arid U. wegen Mordes verurteilt, er soll den ersten islamistischen Terroranschlag auf deutschem Boden verübt haben. US-Soldaten mussten sterben, weil der Mann Video und Wirklichkeit nicht auseinanderhalten konnte, weil er glaubte, was Hassprediger irgendwo auf der Welt an Propaganda ins Internet eingespeist hatten. Der „Terrorist“ war gerade dem Jugendstrafrecht entwachsen, seine Tat schien ihm furchtbar und im Nachhinein selbst unerklärlich. Mehr als diese Ratlosigkeit und die Trauer der Angehörigen blieb nicht übrig von seinem „Terror“.

So sollte es niemanden wundern, wenn Generalbundesanwalt Harald Range die Taten der Nazimörder jetzt weit unterhalb jener hochpolitischen Sphäre einordnet, in der sie in den vergangenen Monaten diskutiert worden sind. Ein braunes Netzwerk sehe er nicht, sagt er, und ein offensichtliches Versagen der Behörden auch nicht. In beidem hat er wohl recht. Ein echtes Netzwerk mit vielen Mordmitwissern hätte kaum über ein Jahrzehnt unbemerkt agieren können, denn mehr Akteure machen auch mehr Fehler. Und wenn nur ein, zwei oder drei abgeschottet lebende, intellektuell mindestbegabte Menschen beschließen, arbeitsteilig zwischen Passau und Flensburg Menschen zu töten, indiziert es noch kein Staatsversagen, wenn man sie nicht erwischt. Zudem: Auch ein Paulchen Panther wäre ungeeignet gewesen als Protagonist des nationalen Widerstands. Das so grausig wie ironisch gehaltene Bekennervideo lässt eher auf Täter schließen, die sich an ihrem Tun regelrecht ergötzten; der ideologische Überbau mag da nur noch dazu gedient haben, jegliches Mitgefühl auszuschalten. Soweit es überhaupt welches gab.

Die Bekämpfung von Kriminalität ist aus guten Gründen meist eine politikferne Angelegenheit. „Gegen einzelne Verblendete ist keine Gesellschaft gewappnet“, sagte der Richter von Arid U. Da helfen keine Untersuchungsausschüsse. Und nicht einmal Parteiverbote.

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