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Bei einem erfolgreichen NPD-Verbot befürchten viele einen Einspruch von europäischer Ebene. Der ist unwahrscheinlich, mein Jost Müller-Neuhof.

© AFP

Europas Einspruch zugunsten der NPD?: Parteiverbote sind nationale Angelegenheiten

Wird die NPD in Deutschland verboten, dann bleibt sie verboten. Daran wird auch Europas Gerichtshof für Menschenrechte nicht ändern.

Und dann wären da noch die Menschenrechte. An ihnen fällt auf, dass sie bemüht werden, wenn es politisch irgendwie passt. So geriet die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) in die Diskussion um das NPD-Parteiverbot, und sie wird sie noch länger begleiten.

Ein großer Freund der Menschenrechte ist neuerdings NPD-Parteichef Holger Apfel. Beim Thema Verbot redet er kaum noch vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, wo nun über seine Partei gerichtet werden soll, sondern kommt schnell auf Straßburg zu sprechen, Sitz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Ähnlich ist es bei Volker Beck von den Grünen, Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU), der liberalen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und anderen. Die gemeinsame Botschaft: Dort wird das letzte Wort gesprochen. Und es kann eines sein, dass eine zuvor zerschlagene Partei wiederauferstehen lässt.

Erfreulich ist daran, dass auch einem bis zur Schmerzgrenze von Deutschlandliebe durchglühten Holger Apfel damit die Bedeutung Europas ins Bewusstsein dringt. Ansonsten besteht schnell die Gefahr, dass die pauschale Bezugnahme auf das Gericht, das für 47 Staaten verbindlich die EMRK auslegt, zur argumentativen Keule wird. Egal, wie unser Gericht entscheidet, am Ende hat Europa das Sagen. Ein Fatalismus, der in der europäischen Staatsschuldenkrise viele Bürger die Faust in der Tasche ballen ließ.

Holger Apfel, der Nationalist, wird aber auch diese Tatsache als beruhigend empfinden: Parteiverbote sind zunächst eine Angelegenheit souveräner Staaten. Die Bundesrepublik hat den Vorteil, dass ihre Verfassung Parteien nicht nur besonders privilegiert, sondern auch deren Verbot ausdrücklich regelt. Die Hürde ist, jedenfalls dem Wortlaut nach, gar nicht so hoch, wie viele denken. Es reicht, wenn eine Partei nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Sie muss sie nicht einmal abschaffen wollen.

Die EMRK hat kein eigenes Parteienrecht, man zieht Artikel 11 heran, die Vereinigungsfreiheit, die nur eingeschränkt werden darf, wenn es „notwendig“ ist. Weil Parteiverbote aber laut Grundgesetz nicht „notwendig“ sein müssen, folgern viele Verbotskritiker, dass die Straßburger Anforderungen strenger sind als die deutschen. Diese Rechnung jedoch ist zu einfach, weil das Verfassungsgericht in seiner Rechtsprechung den recht offenen Wortlaut unserer Parteiverbotsnorm eingeschränkt hat. Die Maßstäbe in Straßburg und Karlsruhe dürften deshalb ähnlicher sein, als es scheint. Mit einem Urteil über die NPD werden die Karlsruher Richter sie weiter annähern. Ob Holger Apfel es gefällt oder nicht, das Schicksal seiner Partei wird wohl ein deutsches Urteil sein.

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