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Porträt Jacob Turkel, Chef der Gazakommission: „Rücktritte zu fordern, ist nutzlos“

Der 75-jährige, profillose Richter Jacob Turkel steht einem Greisengremium vor, dessen einzige Aufgabe die Verhinderung einer internationalen Untersuchungskommission ist. Doch die internationale Gemeinschaft scheint nicht auf Netanjahus Trick hereinzufallen.

Den Israelis ist zum Lachen zumute. Obwohl ihre Fußballer nicht an der WM teilnehmen, ihr Staat isolierter denn je dasteht, der internationale Druck gewaltig ist. Der Grund: Die von der Regierung Netanjahu eingesetzte „spezielle, unabhängige öffentliche Kommission“, unter dem früheren obersten Richter Jacob Turkel, welche die „durch den Staat Israel vorgenommenen Aktionen zur Verhinderung der Ankunft von Schiffen in Gaza am 31.5.10“ erkunden soll. Der immerhin schon 75-jährige Turkel forderte ursprünglich selbst eine staatliche Untersuchungskommission „mit Biss“. Doch nun steht er einem Gremium vor, das die Medien freundlicherweise als Expertenkommission „ohne Zähne“ bezeichnen.

Der profillose Zivilrechtler Turkel, ohne jegliche Erfahrung mit Untersuchungskommissionen und unbelastet von spezifischem Wissen des internationalen Rechts, scheint jedoch genau der Richtige für die eigentliche Aufgabe der Untersuchungskommission. Sie soll nämlich nicht die Fehler der Verantwortlichen für das Desaster bei der Enterung des Schiffes „Marmara“ aufdecken. Vielmehr steht Turkel einem Greisenforum vor – die beiden anderen Mitglieder sind 86 und 93 Jahre alt –, dessen einzige Aufgabe, gemäß dem Willen Netanjahus, die Verhinderung einer internationalen Untersuchungskommission ist.

Offiziell heißt es, man wolle mit dem internationalen Ansehen der Kommissionsmitglieder der Welt klarmachen, dass in Israel die Wahrheit erforscht werde. Darüber haben Juristen und Kommentatoren lauthals gelacht. Denn Turkel war offensichtlich ernannt worden weil er sich als Richter am obersten Gericht stets der Politik untergeordnet hat. Die beiden anderen israelischen Kommissionsmitglieder – die ausländischen haben nur Beobachterstatus – sind im Ausland ohnehin unbekannt. Weltweit weiß niemand mehr, womit sich Ex-General Amos Horev und der emeritierte Juraprofessor Schabtei Rosen internationales Ansehen verdient hatten. Früher, so erinnerte sich ein ebenfalls schon recht alter Kolumnist, hätten die Eskimos ihre Alten im Eis zum Sterben ausgesetzt. In Israel ernenne man sie zu Kommissionsmitgliedern. Doch die internationale Gemeinschaft scheint nicht auf Netanjahus Trick hereinzufallen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon beharrt auf einer internationalen Untersuchungskommission. Womit Turkels Mission zu scheitern scheint noch bevor sie begonnen hat. Charles A. Landsmann

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