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Thilo Sarrazin: Ist er besser im Austeilen als im Einstecken?

© dpa

Heiliger Bimbam: Thilo Sarrazin verträgt keine Kritik

Ein Teil von Sarrazins Weihnachtsbotschaft ist ganz offensichtlich, dass der Oberkritiker der gesellschaftlichen und politischen Zustände die Folter der Kritik nicht erträgt.

Seine Weihnachtsansprache ans Volk, zeitgleich mit der Rede des Bundespräsidenten zu Heiligabend veröffentlicht, ist garniert mit ein paar drolligen Fotos. Thilo Sarrazin, strenger Blick, auf dem Kopf eine Weihnachtsmannmütze, sitzt in der Kutsche eines Kinderkarussells, Fahrtrichtung linksherum, immer im Kreis, vor sich ein paar Holzpferde, und schwingt die Verbalrute.

Vom Hass aus der politischen Klasse und einem Teil der Medien ist die Rede, von einem Index, auf dem sein Buch gelandet sei, und von Verleumdung, unter Bezug auf ein Zitat des Bundespräsidenten auch davon, „wie schön es wäre, wenn unsere politischen Führer nicht nur über die Halbbildung ihrer Redenschreiber, sondern über eigene Bildung verfügten“, und, ja wirklich, von der Heiligen Inquisition, derer sich die Bundeskanzlerin schuldig gemacht und unter der er zu leiden gehabt habe. „Mit ein bisschen Michael Kohlhaas im Blut“, raunt Sarrazin, „hätte ich eine Staatskrise herbeiführen können.

Seinen Kleist kennt der Bildungsbürger Sarrazin, auch dessen Kohlhaas, diesen rechtschaffenen Pferdehändler, aus dem die Obrigkeitswillkür einen rachsüchtigen Mörder und Brandstifter macht. So muss die politische Klasse trotz der harschen Worte Sarrazins wohl konstatieren, dass sie da gerade noch mal Glück gehabt hat. Was Sarrazin betrifft, so bescheinigt er sich selbst auch nach mehrfacher, kritischer Lektüre des eigenen Werkes eine

gemäßigte Sprache, doch haben ihn offenbar Zorn und Verachtung, die er sich ebenfalls attestiert, maßlos werden lassen.

Die Bundeskanzlerin hat seine Äußerungen – nicht sein Buch, wie er behauptet – als wenig hilfreich bezeichnet. In einer repräsentativen Funktion mochte sie ihn deshalb nicht mehr gerne sehen. Heilige Inquisition? Heiliger Bimbam. Ein Teil von Sarrazins Weihnachtsbotschaft ist ganz offensichtlich, dass der Oberkritiker der gesellschaftlichen und politischen Zustände die Folter der Kritik nicht erträgt. Kohlhaas war da wirklich anders gestrickt. Am Ende wird er geköpft, aber sieht das als gerechte Strafe an. Früher war auch nicht alles besser.

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