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Der NRW-Landesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Marcus Pretzell.

© Marius Becker/dpa

AfD-Bundesparteitag: Marcus Pretzell schließt sich Fraktion von Front National und FPÖ an

Weil der Parteitag nicht über Marcus Pretzell befinden will, verkündet der seine Entscheidung selbst: Er wechselt ins Lager von Front National und FPÖ. Beatrix von Storch ist einen anderen Weg gegangen.

Marcus Pretzell versteht es, sich in Szene zu setzen. Vor einigen Wochen flog der AfD-Abgeordnete aus der konservativen EKR-Fraktion in Brüsseler Europaparlament. Pretzell zieht viele Strippen in der AfD, nicht nur weil er der Lebenspartner von Parteichefin Frauke Petry ist. Zurzeit ist der Chef der NRW-AfD fraktionslos, aber so sollte es nicht bleiben. Über seine künftige Fraktionszugehörigkeit wollte er den Mitgliederparteitag in Stuttgart abstimmen lassen. Das hatte er vor einiger Zeit so angekündigt.

Doch dazu kommt es in Stuttgart nicht – die Mitglieder setzen den Punkt auf Antrag kurzerhand von der Tagesordnung ab. Pretzell kommt das offensichtlich nicht ungelegen. Er postiert sich an einem Saalmikrofon und bittet darum, drei Minuten sprechen zu können. Wenn der Parteitag ihm die Wahl überlasse, dann wolle er seine Wahl auch hier vor Ort begründen.

Am Ende werden es mehr als drei Minuten sein, die Pretzell spricht. Seine Botschaft kommt an bei den mehr als 2000 Mitgliedern. Das große Ziel müsse sein, für die Freiheit, Politik auf nationaler Ebene betreiben zu dürfen, zu kämpfen, sagt Pretzell. Da gehe es nicht so sehr um die Ausrichtung, um sozialistische oder liberale Politikansätze zum Beispiel. "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Fraktion, wir müssen als AfD ein Signal senden und eine Klammer setzen", ruft Pretzell in den Saal. Dann verkündet er seine Entscheidung. Er werde in die ENF-Fraktion wechseln; das ist die Fraktion, der Marine Le Pens Front National angehört und die FPÖ von Heinz-Christian Strache aus Österreich.

Pretzell zieht einen Brief aus der Tasche. Der ist pikanterweise nicht an ihn, sondern an "Dr. Frauke Petry und Parteifreunde" adressiert. Pretzell sagt, der Absender sei der "künftige österreichische Bundespräsident" und grinst. Damit meint er Norbert Hofer, der es für die FPÖ in die Stichwahl in drei Wochen geschafft hat. Dieser Wahltriumph beflügelt die AfD auch hier in Stuttgart auf enorme Weise. "Wie Sie, Frau Dr. Petry den Angriffen trotzen, sehen wir mit großem Respekt und Bewunderung", zitiert Pretzell aus dem Brief, der von Strache und Hofer unterschrieben ist. Es ist ein besonders warmer Willkommensgruß aus Wien.

Das Ziel: Die AfD soll EU-Kritiker zusammenführen

Eine Abstimmung über das Verhältnis der AfD zu ausländischen Parteien ist damit ausgeblieben – ganz so wie es sich die Parteiführung gewünscht hatte. Die Richtung ist dennoch klarer denn je. Das Ziel lautet nun: Die AfD soll Triebfeder einer gemeinsamen Fraktion aus EU-Kritikern vom Briten Nigel Farage bis hin zu FPÖ und Front National zu sein. Ob es dazu kommt, ist allerdings unklar. Denn was Pretzell nicht sagt: Noch vor einigen Wochen hatte Frauke Petry den Front National als "sozialistisch" bezeichnet, es gebe wenig Überschneidungen.

Dass Pretzell in die FN-Fraktion gehen will, ist so gesehen eine weitere Verschiebung von roten Linien in der Partei. Und sie macht klar, dass die AfD zu einer deutschen FPÖ werden will, noch bevor über die ersten Programmanträge in Stuttgart diskutiert wurde. Denn noch bis in den Mittag hinein verheddert die Versammlung sich in Tagesordnungsfragen. Von einer "schwierigen Geburt" spricht AfD-Chef Jörg Meuthen, der noch am Abend zuvor "großes Kino" versprochen hatte.

Unklar ist, wie weit die AfD an diesem Wochenende mit ihrem Programmparteitag kommen wird. Pretzell hat dennoch ein deutliches Zeichen gesetzt. Fürs erste werden die beiden AfD-Abgeordneten in Brüssel also getrennte Wege gehen. Pretzells frühere Fraktionskollegin Beatrix von Storch jedenfalls wechselte vor kurzem in die Farage- und nicht in die Le Pen-Fraktion. Mal sehen, ob es dabei bleiben wird.

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