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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

© Mike Wolff

Update Exklusiv

Bundesinnenminister: Innenminister Friedrich: Zahl der rechten Gewalttaten 2012 gestiegen

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich warnt davor, das Gewaltpotenzial von Neonazis kleinzureden. Er vergleicht den Anschlagsversuch durch Salafisten auf den Pro-NRW-Chef mit dem Mord an Theo van Gogh in den Niederlanden und will die Zahl der Todesopfer durch rechte Gewalt neu thematisieren.

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Die Zahl rechter Straftaten ist im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr weiter angestiegen. „Unseren ersten vorläufigen Zahlen zufolge zeichnet sich ein Anstieg bei den politisch rechts motivierten Straftaten von circa vier Prozent auf rund 17.600 ab“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem "Tagesspiegel". Bei den von Neonazis und anderen rechten Tätern verübten Gewaltdelikten zeichnet sich seiner Auskunft nach ebenfalls ein Anstieg um rund zwei Prozent ab. Eine genaue Zahl nannte er nicht.

In den offiziellen Statistiken der Sicherheitsbehörden für das Jahr 2011 werden 828 Fälle in dieser Kategorie aufgeführt, so dass es bei einem Anstieg von zwei Prozent 2012 demnach mindestens 840 waren. „Es gibt also eine leicht steigende Tendenz bei den politisch rechts motivierten Straf- und Gewalttaten“, sagte Friedrich.

Der Bundesinnenminister warnte vor den Gefahren der Neonazis. „Es gibt bei Neonazis ein Gewaltpotenzial, das wir nicht kleinreden dürfen. Mich beunruhigt, dass die Hemmschwelle, Gewalt auszuüben, insgesamt dramatisch sinkt“, sagte Friedrich. Gleichzeitig kündigte der Bundesinnenminister an, die Zahl der Todesopfer durch rechtsextreme Gewalt mit den Landesinnenministern neu zu besprechen. Mit Verweis auf einen Dreifachmord eines Neonazis aus dem Jahr 2003 in Overath bei Köln sagte Friedrich dem "Tagesspiegel": "Anhand solcher Fälle muss die Erfassung rechtsextremer Gewalttaten nochmal in der Innenministerkonferenz thematisiert werden."

Der Ex-Söldner Thomas A. erschoss einen Anwalt, dessen Frau und die Tochter. Das Landgericht Köln verurteilte A. 2004 zu lebenslanger Haft und bescheinigte ihm, seine nationalsozialistischen Vorstellungen hätten bei der Tötung "ein Handeln mit Härte, Entschlossenheit und ungerührtem Vollstreckerwillen" ermöglicht. Der Fall wird jedoch von der Polizei in Nordrhein-Westfalen nicht als rechts motiviertes Tötungsverbrechen eingestuft.

Den vereitelten Anschlag von Salafisten auf den Chef der rechtsextremen Partei „Pro NRW“ vor wenigen Tagen verglich Friedrich mit dem Mord durch Islamisten an Theo van Gogh in den Niederlanden im Jahr 2004. „Es ist auf jeden Fall eine neue Dimension, dass gewaltbereite Dschihadisten neben Anschlägen auch gezielte Attentate auf einzelne Personen planen“, sagte Friedrich dem Tagesspiegel. Der Mord an Theo van Gogh hatte weit über die Niederlande hinaus Entsetzen ausgelöst.

Friedrich machte sich in diesem Zusammenhang auch für eine Verschärfung der Abschieberegelung stark. „Bei salafistischer Hasspropaganda müssen die Ausweisungstatbestände verschärft werden“, forderte er. Die Kriterien für eine Ausweisung seien klarzustellen und zu erweitern. Bisher sei da nur die Rede von politischem Extremismus. „Gewaltbereite Extremisten, die Religion für ihre Zwecke missbrauchen, müssen in Zukunft ebenfalls ausgewiesen werden“, sagte Friedrich. Er kündigte für Mai einen konkreten Gesetzentwurf an. „Niemand kann, den Bürgern in Deutschland  erklären, das religiöse Fanatiker durch das Land ziehen, unsere Jugend zur Gewalt aufhetzen und wir diese Fanatiker nicht ausweisen. Wir lassen uns das nicht gefallen. Bei aller Liberalität und Toleranz gibt es Grenzen.“

Die Bundesregierung zählt derzeit 63 Todesopfer durch rechts motivierte Gewalt. Nach Recherchen des Tagesspiegel und der Zeit sind seit der Wiedervereinigung aber mindestens 152 Menschen durch Neonazis oder andere rechts motivierte Straftäter getötet worden. Friedrich gab gegenüber dem „Tagesspiegel am Sonntag“ zu, dass es bei Neonazis ein Gewaltpotenzial gäbe, „das wir nicht kleinreden dürfen“.

Das gesamte Interview mit Hans-Peter Friedrich gibt es in unserer gedruckten Sonntagausgabe oder bereits ab 19:30 Uhr im ePaper.

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