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Bundestag: Sozialdemokraten schmettern eigenen Mindestlohn-Antrag ab

Die SPD, die mit der Forderung nach Mindestlöhnen beim Wähler punkten will, hat einen entsprechenden Antrag im Bundestag ins Leere laufen lassen - weil er von der Linkspartei stammt. Dabei hatte die die Formulierungen wortwörtlich aus SPD-Papieren übernommen.

Berlin - Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD haben einen Antrag der Linksfraktion zur Einführung von Mindestlöhnen abgeschmettert. Sie verwiesen das Papier ohne Abstimmung in der Sache in die Ausschüsse des Parlaments. Der Antrag lief damit praktisch ins Leere - und die SPD zog sich aus der Verlegenheit, aus Koalitionsräson gegen ihre eigenen Antrag stimmen zu müssen. Den Antragstext hatte die Linksfraktion fast wortgleich aus einem Kampagnen-Aufruf der SPD für Mindestlöhne übernommen.

Die FDP schloss sich bei der Abstimmung den Koalitionsfraktionen an. Linksfraktion und Grüne stimmten gegen die Nichtbefassung. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, begründete das Vorgehen damit, die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU seien noch nicht abgeschlossen: "Wir sind auf dem Weg zu einem fairen Kompromiss." Deshalb sehe die SPD keine Notwendigkeit, über "Schnellschüsse" abzustimmen.

"Wer dem eigenen Antrag nicht zustimmt, macht sich lächerlich"

In der Debatte forderte Linkfraktionschef Oskar Lafontaine die SPD auf, ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen. "Wer dem eigenen Antrag nicht zustimmt, macht sich lächerlich", rief er aus. Die Bekämpfung von "Hungerlöhnen" stehe seit dem Mauerfall auf der Tagesordnung.

Die SPD-Linke Andrea Nahles warf der Linksfraktion vor, sie habe es mit dem Antrag allein auf einen schlagzeilenträchtigen "Gag" zum 1. Mai abgesehen. Die Koalitionsfraktionen, die nach ihren Worten im Kampf gegen Hungerlöhne inzwischen übereinstimmend "Regelungsbedarf" sehen, seien einer Lösung nahe. Am Ende der Verhandlungen "wird das Tor weit offen stehen für branchenbezogene Mindestlöhne in diesem Land", sagte Nahles.

Union lehnt flächendeckenden Mindestlohn ab

Für die Union bekräftigte Gitta Connemann die Ablehnung eines bundesweiten einheitlichen Mindestlohns. Löhne als Preis für die Arbeit orientierten sich an der Produktivität, nicht an der Sicherung des Lebensunterhaltes. Andere europäische Länder mit Mindestlöhnen hätten - wie Frankreich - eine höhere Jugendarbeitslosigkeit oder - wie Großbritannien - weniger Kündigungsschutz.

In der zeitweise erregt geführten Aussprache wurde der FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel von Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) gerügt. Niebel hatte der SPD vorgehalten, sie "lüge und betrüge" beim Thema Mindestlohn. Eine solche Ausdrucksweise "gehört nicht zum parlamentarischen Sprachgebrauch", sagte Solms. (tso/dpa)

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