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Politik: Bundesverdienstkreuz: Das Kreuz mit dem Dank

Da sind auch sehr langjährige Mitarbeiter im Bundespräsidialamt oft gerührt: Viele, die mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden, freuen sich unheimlich darüber. Man sieht es ihnen richtig an.

Da sind auch sehr langjährige Mitarbeiter im Bundespräsidialamt oft gerührt: Viele, die mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden, freuen sich unheimlich darüber. Man sieht es ihnen richtig an. Die Belohnung für überdurchschnittliches Engagement für die Gemeinschaft - von Bundespräsident Theodor Heuss als "einfaches Gebot der Staatsräson" bezeichnet - kommt offensichtlich an. Am 7. September 1951 hat Heuss den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland gestiftet - als sichtbares Zeichen für die Anerkennung und den Dank des Staates an Bürgerinnen und Bürger, die sich in besonderer Weise um das Gemeinwohl verdient gemacht haben.

Um den runden Geburtstag würdig zu markieren, hat Bundespräsident Johannes Rau am Freitag 55 Männer und Frauen ins Schloss Bellevue eingeladen. Er will ihnen den Orden persönlich anheften und deutlich machen, dass er nach 50 Jahren nicht altmodisch geworden ist. Vielleicht wird er dabei eine Anekdote erzählen, die ihm beim Thema Orden gern über die Lippen geht. Kaiser Wilhelm II. hatte dem Kapitän, der ihn immer nach Norderney übersetzte, einen Orden verliehen. Bei der nächsten Überfahrt fragte er den Mann, wo denn der Orden geblieben sei. "Den trage ich nur zu besonderen Anlässen", lautete die für den Kaiser etwas ernüchternde Antwort.

Immer wieder gab es in der Geschichte des Verdienstordens Menschen, die die Auszeichnung bewusst zurückwiesen. So schickte 1993 die Erlanger Landtagsabgeordnete Ursula Pausch-Gruber ihr Bundesverdienstkreuz zurück, weil sich das Innenministerium weigere, den Kommunisten und ehemaligen KZ-Häftling Fritz Bringmann für dessen Verdienste als Lebensretter im Konzentrationslager auszuzeichnen. Die damals 70-jährige Ärztin Magret Marquart gab 1997 ihr Verdienstkreuz aus Protest gegen die deutsche Asylpolitik zurück. Häufiger noch sind Fälle, in denen Gewürdigte den Orden zurückgeben müssen oder der zwangsweisen Rückgabe zuvorkommen. So entzog Bundespräsident Roman Herzog 1995 dem früheren Rektor der Technischen Hochschule Aachen, Hans Ernst Schneider alias Hans Schwerte, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, weil er als ehemaliger SS-Offizier enttarnt worden war. Der Ex-Chef der Tübinger Kriminalpolizei, Alois Grabysch kam 1998 dem Entzug wegen NS-Vergangenheit zuvor, indem er sein Kreuz freiwillig zurückgab.

Es gibt verschiedene Ordensstufen. Der Verdienstmedaille folgen Verdienstkreuz am Bande, Verdienstkreuz 1. Klasse, Großes Verdienstkreuz, Großes Verdienstkreuz mit Stern, Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, Großkreuz - jeweils in Herren- und Damenausführung. Die Sonderstufe des Großkreuzes ist Staatsoberhäuptern vorbehalten. Die Damenausführung wird hoffentlich bald Premiere haben.

Es sei denn eine überzeugte Hanseatin würde erste Frau im Staat. Aufgrund der unabhängigen Traditionen der Hanse lehnen viele Hanseaten die Annahme eines Ordens bewusst ab - weil das Ordensprinzip mit ihrem Weltbild unvereinbar ist, erklärt die Sprecherin des Bundespräsidenten. Sie ließen sich grundsätzlich nicht dafür auszeichnen, dass sie ihre Pflicht tun. Der prominenteste Ablehner des Verdienstordens war der Hanseat und Ex-Kanzler Helmut Schmidt.

Natürlich hat sich das Empfängerprofil in fünf Jahrzehnten verändert. Am Anfang wurden vor allem ältere Menschen für ihre Lebensleistung ausgezeichnet. Bis Mitte der 60er Jahre konnte man das Verdienstkreuz noch für 50-jährige treue Dienste als Arbeitnehmer erhalten. Dann kam der Siegeszug der Flexibilität. Seit Anfang der 90er Jahre ist auch die Auszeichnung öffentlich Bediensteter stark zurückgegangen.

Heute rückt der Orden vor allem Verdienstbereiche ins Augenmerk, die neue gesellschaftliche Herausforderungen markieren. Dazu gehört die Pflege alter, behinderter und kranker Menschen sowie der Einsatz für Aidskranke. Bundespräsident Rau hat eine Vorliebe für "Unbesungene Helden", die in der NS-Zeit unter hohem Risiko Verfolgten uneigennützig Hilfe leisteten. Von Anfang an wurden auch Frauen ausgezeichnet, aber es waren nie so viele wie Männer. Angestrebt ist ein Frauenanteil von mindestens 30 Prozent. Im Jahr 2000 wurden 2600 Männer und 716 Frauen dekoriert. Seit seiner Stiftung im Jahr 1951 durften sich insgesamt 200 000 Ordensträger über die Auszeichnung freuen.

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