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„Deutschland braucht einen Mindestlohn“: Wirtschaftsweiser: 8,50 Euro sind vertretbar

Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl streitet die Politik über Lohnuntergrenzen. Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn?

Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl streitet die Politik über Lohnuntergrenzen. Braucht Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn?

Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn. In allen zivilisierten Ländern gibt es Mindestlöhne, sowohl in Ländern mit einem wohlfahrtsstaatlichen Modell wie in Skandinavien als auch in wirtschaftsliberalen Ländern wie Großbritannien oder den USA. Nur bei uns nicht.

Kritiker sagen, der Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze.

Wir sollten keine Glaubenskriege führen, sondern uns nach der empirischen Evidenz richten. Und die sieht sehr günstig für den Mindestlohn aus. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen über die Auswirkungen von Branchenmindestlöhnen in Deutschland. Die sind von Instituten vorgenommen worden, die dem Mindestlohn skeptisch gegenüberstehen. Für keine der acht Branchen konnte gezeigt werden, dass Arbeitsplätze vernichtet wurden.

SPD und Grüne fordern einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Ist das zu hoch?

Ich halte 8,50 Euro für vertretbar. Der Wettbewerb in der Marktwirtschaft sollte daraus bestehen, dass ein Unternehmen produktiver ist als seine Mitbewerber. Wenn man sich allein deswegen durchsetzt, weil man die Löhne seiner Mitarbeiter unverschämt drückt, ist das ein kranker Unterbietungswettbewerb. Dieser ordnungspolitische Aspekt sollte auch der FDP zu denken geben. Ein Mindestlohn kann außerdem dazu beitragen, dass wieder mehr Menschen von ihrer Arbeit leben können. Wer ledig ist und acht Stunden am Tag arbeitet, hat mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro halbwegs die Chance, seinen Lebensunterhalt davon zu bestreiten.

Wer sollte Mindestlöhne festlegen?

Ich hege große Sympathien für das englische Modell eines unpolitischen Mindestlohns: Dort entscheidet eine unabhängige Kommission darüber. Einen Mindestlohn nach diesem Vorbild einzuführen, sollte sich die nächste Bundesregierung vornehmen.

Peter Bofinger (58) ist Professor für Volkswirtschaftlehre an der Universität Würzburg. Seit 2004 ist er Mitglied der fünf Wirtschaftsweisen. Die Fragen stellte Cordula Eubel

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