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Politik: Die Ermittler surfen mit

Das Bundeskriminalamt soll künftig private Rechner von Verdächtigen ausspionieren dürfen

Berlin - Das Bundeskriminalamt (BKA) soll künftig mittels einer neuen Software die Daten von privaten Rechnern ausspionieren können. Das bestätigte das Bundesinnenministerium (BMI) dem Tagesspiegel auf Anfrage. Das System der sogenannten „Online-Durchsuchung“ sei bereits in diesem Jahr mehrfach angewandt worden und sei Teil des 132 Millionen Euro schweren Sonderprogramms zur Stärkung der inneren Sicherheit. Die Ermittler sollen sich dabei auf richterliche Anordnung unbemerkt via Internet in die Computer von Privatpersonen einloggen können, gegen die ein Strafverfahren läuft.

Allerdings liegt das Projekt wegen rechtlicher Bedenken der Bundesregierung derzeit auf Eis. So bestehen Zweifel, ob die Online-Durchsuchungen von der Strafprozessordnung (StPO) gedeckelt sind. Im einzelnen geht es laut BMI um die Paragrafen 100 a und 102, die die Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikation und die Durchsuchung von Sachen regeln. Laut StPO-Novelle soll künftig gezielt nach „verfahrensrelevanten Inhalten“ gesucht werden.

Bei der FDP ist man nicht nur über die rechtlichen Unklarheiten empört. „Das Bundesinnenministerium hätte die Sache vorab juristisch prüfen müssen“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete und Haushaltsausschussmitglied Jürgen Koppelin. Auch habe der eigentlich für die Angelegenheit zuständige Innenausschuss erst durch den Haushaltsausschuss von den geplanten Neuerungen erfahren. Daraufhin habe es im Innenausschuss eine Sondersitzung gegeben, die aber ohne Beschluss geblieben sei. „Der Haushaltsausschuss hat das komplette Sicherheitspaket schließlich nach kurzer Aussprache durchgewinkt“, bestätigt auch Norbert Barthle von der CDU. Es habe weder eine Diskussion noch gravierende Einwände zur Sache gegeben, so Barthle.

Was in Deutschland geplant ist, wird in der Schweiz vom Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) bereits erprobt. Mittels der Spionagesoftware eines schweizerischen Sicherheitsunternehmens lassen sich via Internet geführte Telefongespräche abhören und andere Daten übertragen. Da das System nur Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt wird, sollen Firewalls und Antivirenprogramme auf den ausspionierten Rechnern nicht auf die Software reagieren können, da diese den Datenbanken nicht bekannt ist.

Im einfachsten Fall wird das Spionageprogramm per E-Mail auf den zu überwachenden PC eingeschleust. Die Zielperson kann aber auch zu einer Webseite gelockt werden, von wo aus sich unbemerkt im Hintergrund das Spionageprogramm installiert. Die Internetverbindung braucht das Programm nur, um sich auf dem Rechner zu installieren – danach sammelt es selbstständig im Hintergrund die gewünschten Daten. Ist der Vorgang abgeschlossen, wird das Ergebnis per Internet automatisch an die Fahnder übermittelt. Wird der PC vor Ende der Übertragung abgeschaltet, nimmt das Programm dieses nach dem nächsten Start wieder auf.

Das in der Schweiz getestete Programm kann sogar noch mehr: Die Software kann auch das eingebaute Mikrofon oder angeschlossene Web-Kameras aktivieren und somit Räume überwachen. Nach Abschluss einer Abhöraktion kann sich das Programm zudem zeitgesteuert selbst deinstallieren. Ermitteln kann die Software nicht nur auf Windows-Computern, sondern auch auf Rechnern mit anderen Betriebssystemen. Auch gegen das Verschlüsseln von Dateien ist das System gewappnet: Es aktiviert sich erst, nachdem die verschlüsselte Datei durch die Eingabe eines Kennworts vom Nutzer geöffnet wurde.

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