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Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Gianni Pittella.

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EU und Türkei: EU-Politiker Pittella: Wir lassen uns nicht erpressen

Die Drohung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die Abmachung mit der EU in der Flüchtlingskrise möglicherweise zu brechen, löst im EU-Parlament eine deutliche Reaktion aus. Eine "Erpressung" sei inakzeptabel, sagt der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Gianni Pittella.

Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstagabend drohte, das Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen zu lassen, hatte er mehrere Adressaten im Auge: Kanzlerin Angela Merkel (EU) als Regierungschefin des größten EU-Landes und das Europaparlament, von dessen Wohlwollen die von der Türkei gewünschte Visafreiheit abhängt. Ohne Fortschritte im Streit um die EU-Visumfreiheit werde er das Abkommen mit der EU zur Rücknahme von Flüchtlingen ab 1. Juni nicht in Kraft treten lassen, sagte Erdogan zum Abschluss des UN-Nothilfegipfels am Dienstag in Istanbul.

Die Lage ist verzwickt: Die EU hatte der Türkei im März eine Visumsfreiheit im Gegenzug für die Kooperation in der Flüchtlingskrise in Aussicht gestellt. Allerdings muss Ankara 72 Bedingungen für die Visumsfreiheit erfüllen, bevor das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten zustimmen können. Weil bei einigen der Kriterien - vor allem der umstrittenen Anti-Terror-Gesetzgebung - aber kein Fortschritt in der Türkei zu erkennen ist, hatte Merkel bei ihrem Besuch in Istanbul zu Beginn der Woche eine baldige Gewährung der Visafreiheit ausgeschlossen. Nach dem Gespräch mit Erdogan hatte Merkel gesagt, es sei absehbar, "dass zum 1. Juli bestimmte Dinge nicht umgesetzt werden können, also sprich die Visafreiheit".

Auch im Europaparlament sieht man das ähnlich. Der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Gianni Pittella, schloss ein Entgegenkommen gegenüber der Türkei bei der Erfüllung der Kriterien für die Visafreiheit aus. "Die Fraktion der Sozialdemokraten wird Wort halten und sich weder erpressen lassen, noch einen Rabatt bei den Prinzipien geben", sagte Pittella dem Tagesspiegel. Erdogan müsse sich an die "eingegangenen Verpflichtungen wie die Erfüllung aller 72 Kriterien und die Überarbeitung der Anti-Terror-Gesetzgebung" zur Gewährung der Visafreiheit halten, sagte Pittella weiter.

Merkel "nicht besorgt"

Merkel reagierte unterdessen zurückhaltend auf Erdogans Drohungen. Sie sei „nicht besorgt“, sagte Merkel am Mittwoch nach der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Zur Frage einer Visabefreiung für türkische Bürger in der EU werde es Gespräche zwischen EU-Kommission und der Türkei geben, bei denen alles auf den Tisch komme. Merkel bekräftigte mit Blick auf die 72 Bedingungen der EU, es könne sein, dass für einige Fragen etwas mehr Zeit gebraucht werde. „Im Grundsatz werden wir jedenfalls von unserer Seite zu unseren Vereinbarungen stehen.“ (mit dpa)

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