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Einsatzfahrzeuge stehen am Samstagmorgen vor einer geplanten Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Schlettau. Unbekannte haben einen Brandanschlag auf die Unterkunft im Erzgebirge verübt.

© Andre März/dpa

Gewalt gegen Flüchtlinge: SPD und Grüne warnen vor geistiger Brandstiftung

Die Zahl rechter Straftaten gegen Flüchtlingsheime ist massiv gestiegen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier macht rechte Parteien dafür mitverantwortlich.

Grüne und SPD haben davor gewarnt, mit dem Flüchtlingsthema Ressentiments zu schüren und damit die Gefahr weiterer rechter Gewalttaten heraufzubeschwören. "Es ist erschreckend, dass die Zahl rechtsmotivierter Straftaten zugenommen hat", sagte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, im Interview mit dem Tagesspiegel (Lesen Sie das ganze Interview heute um 19.30 Uhr im Tagesspiegel-ePaper (hier zu abonnieren) oder am morgigen Sonntag in der Tagesspiegel-Printausgabe.) Ihr bereite es Sorge, "dass die Sicherheitsbehörden sagen, dass die Gewaltbereitschaft auch bei angeblich unbescholtenen Bürgern aus der Nachbarschaft zunimmt". Daher sei es besonders gefährlich, wenn Politiker mit Ressentiments spielten und damit die Stimmung an den Stammtischen anheizten. "Der Weg zur Gewalt ist da nicht mehr weit. Da ist besonders die AfD in der Verantwortung, aber es gibt auch immer wieder Politiker von CDU und CSU, die Ressentiments schüren", sagte sie.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) machte die Parteien im rechten Spektrum für Übergriffe auf Asylbewerber mitverantwortlich. Wie gefährlich es sei, "mit dem Flüchtlingsthema auf Stimmenfang zu gehen, das zeigt der starke Anstieg rechter Gewalt in Deutschland", sagte er der Funke-Mediengruppe. Diese Entwicklung sei "auch ein Ergebnis geistiger Brandstiftung". Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte: "Wir müssen alle unseren Teil dazu beitragen, dass das Klima nicht kippt." Die schweigende Mehrheit dürfe nicht länger schweigen. Maas forderte zur Gegenrede auf: in der Kneipe, auf dem Fußballplatz, am Arbeitsplatz.

2015 ist laut Bundesinnenministerium die Zahl mutmaßlich rechtsmotivierter Straftaten gegen Flüchtlingsheime massiv gestiegen – von 177 im Jahr zuvor auf 763 bis kurz vor Weihnachten. In Schlettau im Erzgebirge warfen vier Täter am zweiten Weihnachtsfeiertag Brandsätze auf ein geplantes Flüchtlingsheim. Das Flüchtlingsthema wird in den kommenden Wahlkämpfen eine große Rolle spielen. Im März werden Landtage in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gewählt. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, es sei nicht Aufgabe der Union allein, "die AfD möglichst klein zu halten". Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte seine Partei vor einem Wettstreit mit der AfD um die markigsten Sprüche. Um die AfD nicht in die Parlamente kommen zu lassen, müsse die Union "die Sorgen der Bürger lösen und nicht die Parolen der Dumpfbacken noch übertönen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte dem Tagesspiegel: "Man sollte die Angstdebatten den Angsthasen und Zynikern überlassen und ihnen nicht weiter Futter liefern. Die polarisierende Debatte behindere die praktische Lösung der Probleme und lenke von "den tatsächlichen großen Möglichkeiten unseres Landes ab". Mazyek sagte, er rechne damit, dass das übrige Europa in den nächsten Jahren neidvoll auf den Umgang der Deutschen mit den Flüchtlingen schauen werde.

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